Selbständige und Unternehmer

Zweifelsfragen zum Investitionsabzugsbetrag

Seit das Bundesfinanzministerium vor fast fünf Jahren seine erste Verwaltungsanweisung zum Investitionsabzugsbetrag veröffentlicht hat, sind zahlreiche Urteile zu dem Thema ergangen. Auch am Gesetz selbst gab es seither einige Änderungen. Das Bundesfinanzministerium hat daher seine Verwaltungsanweisung überarbeitet und beantwortet damit auch gleich einige Zweifelsfragen zum Investitionsabzugsbetrag. Folgende Änderungen sind darin enthalten:

  • Software: Für immaterielle Wirtschaftsgüter kann kein Investitionsabzugsbetrag in Anspruch genommen werden. Dazu zählt insbesondere Software. Eine Ausnahme gibt es allerdings für Trivialsoftware, die zu den abnutzbaren beweglichen und selbständig nutzbaren Wirtschaftsgütern gehört. Nach den Einkommensteuer-Richtlinien gelten insbesondere Programme mit Anschaffungskosten von nicht mehr als 410 Euro als Trivialsoftware.

  • Erstmalige Inanspruchnahme: Für die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen in der Steuererklärung genügt es, das Wirtschaftsgut in den beim Finanzamt eingereichten Unterlagen seiner Funktion nach zu benennen und die Höhe der voraussichtlichen Kosten anzugeben. Die notwendigen Angaben können auch noch im Einspruchs- oder Klageverfahren durch weitere, bei Abgabe der Steuererklärung bereits vorhandene Nachweise vervollständigt werden. Es spielt keine Rolle, ob die Investition bei Abgabe der Steuererklärung bereits durchgeführt wurde oder ob der Unternehmer im Zeitpunkt der Investition die Absicht hatte, einen Investitionsabzugsbetrag in Anspruch zu nehmen. Keinen Abzugsbetrag gibt es, wenn der Abzug so kurz vor Ablauf des Investitionszeitraums geltend gemacht wird, dass nicht mehr mit einer fristgerechten Durchführung der Investition gerechnet werden kann.

  • Nachträgliche Inanspruchnahme oder Erhöhung: Die strengen Vorgaben für eine nachträgliche Inanspruchnahme hat das Ministerium jetzt etwas gelockert, nachdem der Bundesfinanzhof die bisherigen Vorgaben weitgehend nicht anerkannt hatte. Werden Investitionsabzugsbeträge nach der erstmaligen Steuerfestsetzung in Anspruch genommen oder bereits geltend gemachte Abzugsbeträge erhöht, muss der Unternehmer aber glaubhaft darlegen, warum ein Abzugsbetrag nicht bereits in der ursprünglichen Gewinnermittlung geltend gemacht wurde, und dass in dem Gewinnermittlungszeitraum, in dem ein Investitionsabzugsbetrag nachträglich berücksichtigt werden soll, eine voraussichtliche Investitionsabsicht bestanden hat. Die erhöhten Anforderungen gelten nicht für Investitionsabzugsbeträge, die im Einspruchsverfahren gegen einen Schätzungsbescheid mit der nachgereichten Steuererklärung geltend gemacht werden. Die Geltendmachung von Investitionsabzugsbeträgen nach der erstmaligen Steuerfestsetzung kommt allerdings nicht in Frage, wenn die Investitionsfrist abgelaufen ist oder in Kürze ausläuft und keine Investition getätigt wurde oder wenn der Abzug mehr als drei Jahre (taggenaue Berechnung) nach Durchführung der Investition beantragt wird oder die Nachholung erkennbar dem Ausgleich von nachträglichen Einkommenserhöhungen dient, zum Beispiel nach einer Betriebsprüfung.

  • Betriebseröffnung: Bei der Neugründung eines Betriebes ist eine besondere Prüfung der Investitionsabsicht erforderlich, da eine Plausibilitätskontrolle anhand eines bereits verfolgten Betriebskonzeptes nicht möglich ist. Der Unternehmer muss daher anhand geeigneter Unterlagen wie beispielsweise Kostenvoranschlägen, Informationsmaterial, konkreten Verhandlungen oder verbindlichen Bestellungen die Investitionsabsicht am Bilanzstichtag darlegen. Gewichtige Indizien für eine Investitionsabsicht sind, dass der Unternehmer im Zusammenhang mit der Betriebseröffnung bereits endgültig selbst mit Aufwendungen belastet ist oder dass die bereits unternommenen Schritte eine sinnvolle, zeitlich zusammenhängende Abfolge mit dem Ziel der endgültigen Betriebseröffnung darstellen. Allein die Einholung von unverbindlichen Angeboten sowie Kostenvoranschlägen oder die Teilnahme an Informationsveranstaltungen reichen jedoch nicht als Nachweis der Investitionsabsicht aus, da diese in der Regel kostenfrei und risikolos sind. Außerdem soll das Finanzamt die weitere Konkretisierung der Investitionsabsicht im der Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrages folgenden Kalender- oder Wirtschaftsjahr prüfen.

  • Betriebserweiterung: Die strengen Vorgaben bei der Betriebseröffnung für die Glaubhaftmachung der Investitionsabsicht gelten nicht mehr für eine Betriebserweiterung. Investitionen im Rahmen einer Betriebserweiterung sind also künftig anderen Investitionen gleichgestellt.

  • Betriebsübertragung: Das bei einer unentgeltlichen Betriebsübertragung oder Buchwerteinbringung im Übertragungsjahr regelmäßig entstehende Rumpfwirtschaftsjahr verkürzt nicht den maßgebenden Investitionszeitraum. Erfolgt die Übertragung beispielsweise im letzten Wirtschaftsjahr der Investitionsfrist für ein Wirtschaftsgut, für das der Rechtsvorgänger einen Investitionsabzugsbetrag beansprucht hat, kann der Rechtsnachfolger die Investition noch bis zum Ende der regulären Investitionsfrist steuerbegünstigt durchführen.

  • Betriebsveräußerung: Für den Investitionsabzugsbetrag ist die Veräußerung oder unentgeltliche Übertragung des Betriebs unschädlich, wenn der Betrieb bis zum Ende des Verbleibens- und Nutzungszeitraums in der Hand des neuen Eigentümers bestehen bleibt und gleichzeitig die Nutzungs- und Verbleibensvoraussetzungen für das begünstigte Wirtschaftsgut erfüllt werden. Der ursprüngliche Nutzungs- und Verbleibenszeitraum bleibt auch für den neuen Eigentümer maßgebend.

  • Überlassung: Die Verbleibens- und Nutzungsvoraussetzung für den Investitionsabzugsbetrag wird insbesondere dann nicht mehr erfüllt, wenn das Wirtschaftsgut einem Anderen für mehr als drei Monate zur Nutzung überlassen wird. Bei einer wegen sachlicher und personeller Verflechtung bestehenden Betriebsaufspaltung gilt die Verbleibensvoraussetzung allerdings trotz der Überlassung als erfüllt.

  • Privatnutzung: Eine der Voraussetzungen für den Investitionsabzugsbetrag ist eine fast ausschließlich betriebliche Nutzung des Wirtschaftsguts. Für einige Wirtschaftsgüter gelten aber besondere Regeln, was die Privatnutzung angeht. So sind für einen Pkw Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung der betrieblichen Nutzung zuzurechnen. Allerdings gilt das nur im Fall der Fahrtenbuchmethode, denn bei Anwendung der 1 %-Regelung unterstellt das Finanzamt einen schädlichen privaten Nutzungsumfang. Bei einer Photovoltaikanlage ist der private Verbrauch keine schädliche außerbetriebliche Nutzung, sondern eine Sachentnahme des produzierten Stroms. Dagegen darf die von einem Blockheizkraftwerk erzeugte Wärme nur betrieblichen Gebäuden und Einrichtungen dienen. Wird die Wärme für den Privathaushalt oder für andere außerbetriebliche Gebäude genutzt, liegt eine schädliche Nutzung vor.

  • Prognoseentscheidung: Ob die Verbleibens- und Nutzungsvoraussetzungen voraussichtlich erfüllt werden, richtet sich nach einer wirtschaftsgutbezogenen Prognose. Die Verwendung vergleichbarer Wirtschaftsgüter spielt dabei keine Rolle. So scheidet beispielsweise der Investitionsabzugsbetrag für die Anschaffung eines weiteren Pkw nicht deshalb aus, weil bei einem anderen Pkw die 1 %-Regelung angewendet wird.

  • Steuerrückstellungen: Wird ein Investitionsabzugsbetrag später wieder rückgängig gemacht, wirken sich die nachzuzahlenden Steuern nicht rückwirkend auf die Steuerrückstellungen aus.

  • Einkunftsart: Es spielt keine Rolle, wenn der Unternehmer aufgrund struktureller Veränderungen im Betrieb künftig Gewinne oder Verluste aus einer anderen Einkunftsart erzielt.

  • Zinsberechnung: Das Finanzministerium äußert sich in seinem Schreiben wohlweislich nicht ausdrücklich zur Zinsberechnung, wenn der Investitionsabzugsbetrag rückgängig gemacht wird. Der Bundesfinanzhof hatte nämlich entschieden, dass die nachträglich fällige Steuer erst ab dem Zeitpunkt der Rückgängigmachung zu verzinsen ist. Ab 2013 ist aber ausdrücklich gesetzlich geregelt, dass die Verzinsung bereits ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Inanspruchnahme läuft.

In einem Punkt hat übrigens schon ein Gericht dieser aktualisierten Verwaltungsanweisung widersprochen: Das Niedersächsische Finanzgericht meint nämlich, dass die bereits erfolgte Anschaffung des Wirtschaftsguts der nachträglichen Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags nicht entgegensteht. Einzig entscheidend sei, dass das Wirtschaftsgut im Jahr, für das der Unternehmer den Abzugsbetrag geltend machen will, noch nicht angeschafft war.

Dass in der Zwischenzeit eine Betriebsprüfung stattgefunden hat, spiele keine Rolle. Das Gericht akzeptiert also ausdrücklich den Fall, dass der Investitionsabzugsbetrag primär den höheren Gewinn nach einer Betriebsprüfung kompensieren soll. Weil es zu diesem Sachverhalt noch kein Urteil des Bundesfinanzhofs gibt, hat das Gericht die Revision zugelassen. Ein Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid des Finanzamts ruht daher bis zur Entscheidung des Bundesfinanzhofs.

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Details zur Reisekostenreform: Fahrtkosten

Die steuerliche Berücksichtigung der tatsächlichen Fahrtkosten im Zusammenhang mit einer auswärtigen beruflichen Tätigkeit bleibt im Wesentlichen unverändert. Statt der tatsächlichen Aufwendungen kann je nach Art des benutzten Verkehrsmittels auch ein pauschaler Kilometersatz für jeden gefahrenen Kilometer angesetzt werden (für Fahrten mit dem Pkw 0,30 Euro, für jedes andere motorbetriebene Fahrzeug 0,20 Euro). Eine Prüfung der tatsächlichen Kilometerkosten ist nicht erforderlich, wenn der Arbeitnehmer von dieser Typisierung Gebrauch macht.

Gewisse Änderungen sind aber bei der Entfernungspauschale zu beachten. Die kommt nämlich nach den Vorgaben des Gesetzes und der Finanzverwaltung nicht nur bei Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte zur Anwendung. Auch wenn es keine erste Tätigkeitsstätte gibt, der Arbeitgeber aber festgelegt hat, dass der Arbeitnehmer sich dauerhaft an einem bestimmten Ort einfinden soll, um von dort seine unterschiedlichen eigentlichen Einsatzorte aufzusuchen oder von dort seine berufliche Tätigkeit aufzunehmen (Treffpunkt für einen betrieblichen Sammeltransport, Busdepot, Fährhafen etc.), werden die Fahrten von der Wohnung zu diesem Ort wie Fahrten zu einer ersten Tätigkeitsstätte behandelt. Für diese Fahrten dürfen die Fahrtkosten also nur im Rahmen der Entfernungspauschale angesetzt werden.

Auf die Berücksichtigung von Verpflegungspauschalen oder Übernachtungskosten hat die Festlegung durch den Arbeitgeber allerdings keinen Einfluss, da der Arbeitnehmer weiterhin außerhalb einer ersten Tätigkeitsstätte und somit auswärts beruflich tätig wird. Es wird also bei solchen "Sammelpunkten" keine erste Tätigkeitsstätte fingiert, sondern nur die Anwendung der Entfernungspauschale für die Fahrtkosten von der Wohnung zu diesem Ort sowie die Besteuerung eines geldwerten Vorteils bei Dienstwagengestellung durch den Arbeitgeber festgelegt und der steuerfreie Arbeitgeberersatz für diese Fahrten ausgeschlossen.

Bei privat organisierten Fahrgemeinschaften, die sich an einem bestimmten Ort treffen, um von dort aus gemeinsam zu ihren Tätigkeitsstätten zu fahren, gilt diese Sonderregel übrigens nicht. Hier liegt kein "Sammelpunkt" vor, der sich auf die Anwendung der Entfernungspauschale auswirken würde. Es fehlt nämlich die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegung des Arbeitgebers.

Auch wenn der Arbeitnehmer auf Grund der Weisungen des Arbeitgebers seine Tätigkeit in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet ausübt, kommt für die Fahrten von der Wohnung zum Tätigkeitsgebiet die Entfernungspauschale zur Anwendung. Ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet liegt dann vor, wenn die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung auf einer festgelegten Fläche und nicht innerhalb einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung ausgeübt werden soll. In einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet werden in der Regel zum Beispiel Zusteller, Hafenarbeiter und Forstarbeiter tätig.

Bezirksleiter, Vertriebsmitarbeiter und andere Arbeitnehmer, die verschiedene Niederlassungen betreuen sowie mobile Pflegekräfte und Schornsteinfeger sind von dieser Regelung dagegen nicht betroffen. Denn soll der Arbeitnehmer in mehreren ortsfesten Einrichtungen innerhalb eines Bezirks tätig werden, wird er nicht in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet, sondern an verschiedenen, möglicherweise sogar ständig wechselnden Tätigkeitsstätten tätig.

Wird das Tätigkeitsgebiet immer wieder von anderen Zugängen aus betreten oder befahren, ist die Entfernungspauschale aus Vereinfachungsgründen bei diesen Fahrten nur für die Entfernung von der Wohnung zum nächstgelegenen Zugang anzuwenden. Für alle Fahrten innerhalb des Tätigkeitsgebietes sowie für die zusätzlichen Kilometer bei den Fahrten von der Wohnung zu einem weiter entfernten Zugang können weiterhin die tatsächlichen Aufwendungen oder der pauschale Kilometersatz angesetzt werden.

Wie bei der Regelung zu Sammelpunkten hat die Festlegung "tätig werden in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet" - im Gegensatz zum bisherigen "weiträumigen Arbeitsgebiet", das auch "regelmäßige Arbeitsstätte" sein konnte - keinen Einfluss auf die Berücksichtigung von Verpflegungspauschalen oder Übernachtungskosten, weil der Arbeitnehmer weiterhin auswärts beruflich tätig wird. Es wird nur die Anwendung der Entfernungspauschale für die Fahrtkosten von der Wohnung zum nächstgelegenen Zugang festgelegt und die Besteuerung eines geldwerten Vorteils bei Dienstwagengestellung durch den Arbeitgeber geregelt sowie der steuerfreie Arbeitgeberersatz für diese Fahrten ausgeschlossen.

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Details zur Reisekostenreform: Tätigkeitsstätte

Mit dem Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts wurden die Regeln zum steuerlichen Reisekostenrecht grundlegend geändert. Zentraler Punkt der ab 1. Januar 2014 geltenden Neuregelungen ist die gesetzliche Definition der ersten Tätigkeitsstätte, die künftig an die Stelle der regelmäßigen Arbeitsstätte tritt. Wichtig ist das beispielsweise für die Entfernungspauschale, die nur für die Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte zur Anwendung kommt, während für andere Fahrten zur Arbeit die tatsächlichen Fahrtkosten steuerlich geltend gemacht werden können.

Ein Arbeitnehmer kann künftig je Arbeitsverhältnis höchstens eine, abhängig von der Tätigkeit aber auch keine erste, sondern nur auswärtige Tätigkeitsstätten haben. Die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte erfolgt vorrangig anhand der dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen durch den Arbeitgeber. Gibt es keine solchen Festlegungen, werden stattdessen quantitative Kriterien herangezogen.

Welche Regeln dabei im Einzelnen zu beachten sind, hat das Bundesfinanzministerium jetzt in einer sehr ausführlichen Verwaltungsanweisung erklärt. Darin werden die Regeln überwiegend großzügig ausgelegt, sodass oft steuerlicher Gestaltungsspielraum besteht, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einig sind. Entscheidend für eine erste Tätigkeitsstätte ist nämlich die dauerhafte Zuordnung durch den Arbeitgeber, die durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die Absprachen oder Weisungen des Arbeitgebers bestimmt wird. Ist der Arbeitnehmer dagegen nur vorübergehend einer Tätigkeitsstätte zugeordnet, begründet er dort keine erste Tätigkeitsstätte.

Die typischen Fälle einer dauerhaften Zuordnung sind die unbefristete Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer bestimmten betrieblichen Einrichtung, die Zuordnung für die gesamte Dauer des Dienstverhältnisses oder die Zuordnung über einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten. Die Zuordnung "bis auf Weiteres" ist eine Zuordnung ohne Befristung und damit dauerhaft. Ändert der Arbeitgeber die Zuordnung also regelmäßig und legt dabei gleich eine Befristung für die neue Zuordnung von maximal 48 Monaten fest, entsteht keine neue erste Tätigkeitsstätte. Bei einer sogenannten Kettenabordnung ist daher keine dauerhafte Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte gegeben, wenn die einzelne Abordnung jeweils weniger als 48 Monaten umfasst.

Auch wenn eine auf maximal 48 Monate angelegte Auswärtstätigkeit verlängert wird, kommt es allein darauf an, ob der Arbeitnehmer vom Zeitpunkt der Verlängerungsentscheidung an noch mehr als 48 Monate an der Tätigkeitsstätte eingesetzt werden soll. Eine auf 36 Monate angelegte Tätigkeit, die kurz vor Ende noch einmal um 36 Monate verlängert wird, führt also zu keinem Zeitpunkt zu einer ersten Tätigkeitsstätte, während eine Verlängerung um 36 Monate schon kurz nach Beginn ab diesem Zeitpunkt eine erste Tätigkeitsstätte auslösen würde, weil dort dann insgesamt noch mehr als 48 Monate Tätigkeit geplant sind.

Für die Prognose, ob der Arbeitnehmer dauerhaft einer bestimmten Tätigkeitsstätte zugeordnet ist, kommt es bei der 48-Monatsfrist auf den jeweiligen Beginn der Tätigkeit an, auch wenn er vor dem 1. Januar 2014 liegt. Hat der Arbeitgeber zu Beginn der Tätigkeit keine oder keine eindeutige Prognose getroffen oder eine solche nicht dokumentiert, muss er diese Zuordnungsprognose bis spätestens zum 1. Januar 2014 treffen und dokumentieren.

Eine Änderung der Zuordnung kann vorliegen, wenn sich das Berufsbild des Arbeitnehmers aufgrund der Vorgaben des Arbeitgebers dauerhaft ändert, beispielsweise wenn ein Außendienstmitarbeiter auf Dauer in den Innendienst wechselt. Weichen die tatsächlichen Verhältnisse durch unvorhersehbare Ereignisse, wie etwa Krankheit, Insolvenz des Kunden etc. von der ursprünglichen Festlegung ab, bleibt aber die zuvor getroffene Prognoseentscheidung für die Vergangenheit maßgebend.

Wenn das Dienstverhältnis auf einen anderen Arbeitgeber ausgelagert wird (Outsourcing) und der Arbeitnehmer für die gesamte Dauer des neuen Arbeitsverhältnisses oder zumindest länger als 48 Monate weiterhin an seiner früheren Tätigkeitsstätte tätig werden soll, liegt ebenfalls eine erste Tätigkeitsstätte vor. Gleiches gilt, wenn ein Leiharbeitnehmer ausnahmsweise dauerhaft in einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Entleihers tätig werden soll.

Weitere Voraussetzung für eine erste Tätigkeitsstätte ist, dass der Arbeitnehmer in einer ortsfesten Einrichtung tätig werden soll. Fahrzeuge, Flugzeuge, Schiffe oder Tätigkeitsgebiete ohne ortsfeste betriebliche Einrichtungen erfüllen die Voraussetzung für eine erste Tätigkeitsstätte daher nicht. Auch das häusliche Arbeitszimmer des Arbeitnehmers ist - wie bisher - keine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers oder eines Dritten und kann daher auch zukünftig keine erste Tätigkeitsstätte sein. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer Arbeitsräume anmietet, die der Wohnung des Arbeitnehmers zuzurechnen sind.

Die Annahme einer Tätigkeitsstätte erfordert allerdings nicht, dass es sich um eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers handelt. Von der Neuregelung erfasst sind auch Tätigkeiten, bei denen der Arbeitnehmer statt beim eigenen Arbeitgeber in einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung eines verbundenen Unternehmens oder eines Dritten tätig werden soll.

Nicht mehr entscheidend ist in Zukunft, ob an der vom Arbeitgeber festgelegten Tätigkeitsstätte der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit liegt oder liegen soll. Die Zuordnung zu einer betrieblichen Einrichtung allein aus tarifrechtlichen, mitbestimmungsrechtlichen oder organisatorischen Gründen, ohne dass der Arbeitnehmer dort tätig werden soll, genügt jedoch nicht. Sofern der Arbeitnehmer dort aber zumindest in ganz geringem Umfang tätig werden soll, ist das bereits ausreichend, selbst wenn für die Zuordnung letztlich tarifrechtliche oder organisatorische Gründe ausschlaggebend sind. Auf die Qualität der Tätigkeit kommt es dabei nicht an.

Soll der Arbeitnehmer an mehreren Tätigkeitsstätten tätig werden, von denen er einer dauerhaft zugeordnet ist, spielt es keine Rolle, welchen Umfang die berufliche Tätigkeit an dieser oder an den anderen Tätigkeitsstätten hat. Auch auf regelmäßige Besuche dieser Tätigkeitsstätten kommt es dann nicht mehr an. Die Finanzverwaltung weist aber auch darauf hin, dass ein Gestaltungsmissbrauch deswegen nicht generell ausgeschlossen ist. Insbesondere bei Gesellschafter-Geschäftsführern, Arbeitnehmer-Ehegatten und anderen mitarbeitenden Familienangehörigen ist entscheidend, ob die Vereinbarungen einem Fremdvergleich standhalten.

Außerdem muss die Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers eindeutig sein und ist daher vom Arbeitgeber zu dokumentieren. Dafür kommen zum Beispiel Regelungen im Arbeitsvertrag, in Protokollnotizen, dienstrechtlichen Verfügungen, Einsatzplänen, Reiserichtlinien oder Reisekostenabrechnungen in Betracht, aber ebenso einfach nur der Ansatz eines geldwerten Vorteils für die Nutzung eines Dienstwagens für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder vom Arbeitgeber vorgelegte Organigramme. Fehlt ein Nachweis oder die Glaubhaftmachung einer eindeutigen Zuordnung, gelten stattdessen die quantitativen Kriterien für die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte.

Sämtliche Gestaltungsfreiheiten stehen Arbeitgeber und Arbeitnehmer übrigens nicht offen, denn das Gesetz sieht nur die Möglichkeit einer Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers zu einer bestimmten Tätigkeitsstätte vor. Der Arbeitgeber kann daher nicht festlegen, dass der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte hat. Er kann allerdings darauf verzichten, eine erste Tätigkeitsstätte festzulegen, oder ausdrücklich erklären, dass eine organisatorische Zuordnung keine erste Tätigkeitsstätte begründen soll.

Der Arbeitgeber kann auch festlegen, dass sich die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte einfach nach den gesetzlich definierten Zuordnungskriterien richtet. Im Ergebnis ist eine Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers damit lediglich erforderlich, wenn er die erste Tätigkeitsstätte abweichend von den quantitativen Zuordnungskriterien festlegen will, zum Beispiel weil er sich mit dem Arbeitnehmer einig ist, dass dies steuerliche Vorteile hat.

Die vom Gesetz vorgesehenen Entscheidungskriterien für den Fall, dass der Arbeitgeber keine Zuordnung vorgenommen hat, sind recht einfach. Danach gilt die betriebliche Einrichtung als erste Tätigkeitsstätte, an der der Arbeitnehmer

  • typischerweise arbeitstäglich oder

  • je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder

  • mindestens ein Drittel seiner Arbeitszeit

dauerhaft tätig werden soll. Dabei muss der Arbeitnehmer an der betrieblichen Einrichtung seine eigentliche berufliche Tätigkeit ausüben. Allein ein regelmäßiger Besuch, beispielsweise für kurze Rüstzeiten, zur Erstellung von Arbeitsberichten oder zur Wartung und Pflege des Fahrzeugs, zur Abholung oder Abgabe von Material, Auftragsbestätigungen, Stundenzetteln, Krankmeldungen und Urlaubsanträgen führt hier noch nicht zu einer Qualifizierung der betrieblichen Einrichtung als erste Tätigkeitsstätte.

Erfüllen mehrere Tätigkeitsstätten die quantitativen Voraussetzungen für eine erste Tätigkeitsstätte, kann der Arbeitgeber bestimmen, welche dieser Tätigkeitsstätten die erste Tätigkeitsstätte ist. Gibt es keine solche Festlegung durch den Arbeitgeber, wird zugunsten des Arbeitnehmers die Tätigkeitsstätte zugrunde gelegt, die der Wohnung des Arbeitnehmers am nächsten liegt.

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