Einkommensteuer - Arbeitnehmer

Entfernungspauschale für längeren Arbeitsweg

Eigentlich richtet sich die Höhe der Entfernungspauschale nach der kürzesten Strecke zum Arbeitsplatz, es sei denn, eine andere Strecke ist offensichtlich verkehrsgünstiger. Der Bundesfinanzhof zeigt nun ein Herz für Arbeitnehmer und Sinn für die Praxis, indem er dieses Kriterium praxistauglicher auslegt. Die Finanzverwaltung und verschiedene Finanzgerichte haben nämlich bisher für eine offensichtlich verkehrsgünstigere Strecke eine Zeitersparnis von mindestens 20 Minuten verlangt.

Offensichtlich ist an diesem Kriterium eigentlich nur, dass es viele Arbeitnehmer mit kurzem Arbeitsweg nie werden erfüllen können, weil ihr Arbeitsweg insgesamt nicht wesentlich länger als 20 Minuten braucht. Das hat auch der Bundesfinanzhof erkannt und festgestellt, dass eine Zeitersparnis auf der längeren Strecke nur noch indizielle Bedeutung hat.

Zunächst beugen die obersten Finanzrichter einem Streckenpuzzle vor, bei dem alle denkbaren Teilstrecken miteinander verglichen werden müssten. So war nämlich noch eines der Finanzgerichte in der Vorinstanz vorgegangen, indem es nur den seiner Meinung nach verkehrsgünstigeren längeren Streckenteil berücksichtigt hat. Dagegen meint der Bundesfinanzhof, dass allein die kürzeste Strecke und die tatsächlich genutzte Strecke miteinander zu vergleichen sind. Der Gesetzeswortlaut sieht nämlich nicht vor, dass die tatsächlich gefahrene Strecke verkehrsgünstiger als alle übrigen möglichen Verbindungen zwischen Wohn- und Arbeitsort sein muss.

Eine solche Forderung hält der Bundesfinanzhof ohnehin für absurd, weil sie in jedem Einzelfall umfangreiche Ermittlungen durch die Finanzämter erfordern würde. Auch wenn es sich nicht um die verkehrsgünstigste Strecke überhaupt handeln muss, muss die tatsächlich gefahrene Strecke also immerhin offensichtlich verkehrsgünstiger sein. Das ist laut der Entscheidung des Bundesfinanzhofs dann der Fall, wenn ihre Vorteilhaftigkeit so auf der Hand liegt, dass sich auch ein unvoreingenommener, verständiger Verkehrsteilnehmer unter den gegebenen Verkehrsverhältnissen für die Benutzung der Strecke entschieden hätte.

Exakte Kriterien stellt der Bundesfinanzhof dafür nicht auf. Soweit es die Zeitersparnis betrifft, meint er aber, dass eine nur geringfügige Verkürzung der Fahrzeit von weniger als 10 % für einen verständigen Verkehrsteilnehmer allein noch kein ausschlaggebendes Argument für die längere Strecke ist. In diesem Fall müssten dann auch andere Kriterien für die verkehrsgünstigere Strecke sprechen, zum Beispiel die Streckenführung, die Schaltung von Ampeln etc. Gibt es triftige Gründe dafür, kann eine Strecke auch dann verkehrsgünstiger sein, wenn sie nur eine relativ geringe oder gar keine Zeitersparnis verspricht.

Angesichts der aktuell hohen Benzinpreise sind die beiden Urteile des Bundesfinanzhofs zwar nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, aber immerhin machen sie es sehr viel einfacher, zumindest die tatsächlich gefahrene Strecke auch steuerlich geltend zu machen. Hat das Finanzamt in den Vorjahren also immer nur die kürzeste Strecke als Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug zugelassen, stehen die Aussichten nun also nicht schlecht, stattdessen die tatsächliche Strecke anzusetzen. Allerdings sollten Sie dafür auch möglichst handfeste Argumente liefern, damit das Finanzamt ohne großen Aufwand feststellen kann, dass diese Strecke tatsächlich verkehrsgünstiger ist.

mehr lesen

Änderungen zum Jahreswechsel 2011/2012

Im Vergleich zu den letzten Jahren hält sich die Zahl der Änderungen im Steuerrecht zum Jahreswechsel diesmal in Grenzen. Das liegt teilweise daran, dass es in 2011 nicht ganz so viele Gesetze mit Steuerbezug gab. In erster Linie sind aber von den dieses Jahr verabschiedeten Änderungen sehr viele schon rückwirkend oder im laufenden Jahr in Kraft getreten, zum Beispiel die Abschaffung der Signaturpflicht für elektronische Rechnungen oder die Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags.

Zum Jahreswechsel treten nun insbesondere Änderungen in Kraft, von denen Familien profitieren können, beispielsweise bei der Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten oder der Streichung der Einkommensprüfung beim Kind für den Kindergeldanspruch. Die wichtigste Änderung für Unternehmer ist eigentlich gar keine Änderung, denn es wird nur die bereits geltende höhere Umsatzgrenze für die Ist-Besteuerung dauerhaft festgeschrieben. Hier ist ein Überblick aller wichtigen Änderungen, die zum Jahreswechsel in Kraft treten:

  • Ausbildungskosten: Als "Ausgleich" für die Aushebelung des Urteils, mit dem der Bundesfinanzhof Ausbildungskosten zum Werbungskostenabzug zugelassen hat, wird ab 2012 der maximale Sonderausgabenabzug für Ausbildungskosten von 4.000 auf 6.000 Euro angehoben.

  • Kinderbetreuungskosten: Kosten für die Kinderbetreuung werden ab 2012 generell als Sonderausgaben berücksichtigt. Außerdem werden die Anspruchsvoraussetzungen bei den Eltern gestrichen, sodass der Abzug nun unabhängig von einer Erwerbstätigkeit, Krankheit oder Behinderung für alle Kinder unter 14 Jahren möglich ist. Eine umfangreiche Prüfung, ob es sich um Werbungskosten oder Sonderausgaben handelt, entfällt dadurch. Dass sich der fehlende Werbungskostenabzug negativ im außersteuerlichen Bereich auswirkt, beispielsweise beim Wohngeld oder einkommensabhängigen Beiträgen für den Kindergarten, wird durch eine Zusatzvorschrift verhindert. An der Höhe der abziehbaren Betreuungskosten - zwei Drittel der Ausgaben, höchstens aber 4.000 Euro je Kind - ändert sich nichts.

  • Kindergeld: Zahllose Streitereien mit der Familienkasse und Verfahren vor den Finanzgerichten werden ab 2012 überflüssig, denn bei der Gewährung von Kindergeld und -freibeträgen für volljährige Kinder wird dann auf die Einkommensüberprüfung der Kinder verzichtet. Eine Erwerbstätigkeit des Kindes bleibt dann generell bis zum Abschluss der ersten Berufsausbildung oder des Erststudiums unberücksichtigt, es sei denn, das Kind befindet sich in einer Übergangszeit oder kann die Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatz nicht beginnen. Nach der Ausbildung oder dem Studium gilt die widerlegbare Vermutung, dass das Kind in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten. Der Verzicht auf die Einkommensprüfung gilt ebenso beim Unterhaltshöchstbetrag und Ausbildungsfreibetrag.

  • Kinderfreibetrag: Die Vorschriften zur Übertragung der steuerlichen Freibeträge für Kinder von geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Eltern werden ab 2012 deutlich vereinfacht.

  • Ist-Besteuerung: Die Umsatzgrenze, unterhalb der Unternehmer sich bei der Umsatzsteuer für die Ist-Besteuerung entscheiden können, ist ab 2012 dauerhaft auf einen Jahresumsatz von 500.000 Euro festgeschrieben.

  • Belegnachweis: Die Beleg- und Buchnachweispflichten für Ausfuhrlieferungen werden an die seit dem 1. Juli 2009 bestehende Pflicht zur Teilnahme am elektronischen Ausfuhrverfahren ("ATLAS-Ausfuhr") angepasst. Außerdem wurden für die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen eindeutigere Nachweisregelungen geschaffen: Sowohl in Beförderungs- als auch in Versendungsfällen ist der vorgeschriebene Belegnachweis mit einer so genannten Gelangensbestätigung zu führen.

  • Entfernungspauschale: Nutzt der Steuerzahler für den Arbeitsweg abwechselnd öffentliche Verkehrsmittel und den eigenen Pkw, werden ab 2012 durch die Umstellung von einer tagweisen auf eine jährliche Vergleichsrechnung die derzeit noch notwendigen Aufzeichnungen und Berechnungen überflüssig. In einigen Fällen bedeutet dies jedoch eine Verschlechterung, weil Berufstätige, die nur zeitweise öffentliche Verkehrsmittel nutzen, nicht mehr den höheren Fahrkartenpreis geltend machen können. Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel können nämlich nur noch dann mit dem tatsächlichen Preis angesetzt werden, wenn sie allein den Jahreshöchstbetrag für die Entfernungspauschale von 4.500 Euro übersteigen.

  • Rentenversicherung: Der Beitragssatz für die Rentenversicherung sinkt zum Jahreswechsel um 0,3 % auf 19,6 %.

  • Insolvenzgeldumlage: Wegen der guten Konjunktur war die Insolvenzgeldumlage in 2011 ausgesetzt worden. Weil die guten Zeiten vorbei sind, gilt in 2012 wieder eine Umlage von 0,04 %.

  • Verbilligte Vermietung: Statt zweier Grenzen bei der verbilligten Vermietung einer Wohnung (56 % der ortsüblichen Miete als Untergrenze für den vollen Werbungskostenabzug, 75 % für den Verzicht auf eine Überschussprognose) gibt es ab 2012 nur noch eine Schwelle. Wird mehr als 66 % der ortsüblichen Miete gezahlt, gilt die Vermietung als vollentgeltlich und ermöglicht den vollen Werbungskostenabzug auch ohne Überschussprognose.

  • Krankenversicherungsbeiträge: Die Beitragserstattungen aus einer Basiskrankenversicherung oder Pflegeversicherung sowie steuerfreie Zuschüsse zu solchen Versicherungen werden mit den gezahlten Beiträgen verrechnet. Fallen die Erstattungen oder Zuschüsse höher aus als die Beiträge, wird der Überhang dem Einkommen zugeschlagen. Bei Erstattung anderer als Sonderausgaben geltend gemachter Aufwendungen gilt das Gleiche.

  • Riester-Rente: Wer unbeabsichtigt die Zahlung des Eigenbeitrags für die Riester-Rente versäumt hat, erhält die Möglichkeit, den Eigenbeitrag nachzuzahlen und sich damit die staatliche Zulage zu sichern. Das betrifft insbesondere nicht berufstätige Ehepartner, die die Riester-Zulage bisher auch ohne Eigenbeitrag erhalten haben. Nach der Geburt eines Kindes zahlt aber der Staat für drei Jahre Rentenversicherungsbeiträge, wodurch der Ehepartner Mitglied in der gesetzlichen Rentenversicherung wird und damit von der mittelbaren in die unmittelbare Zulagenberechtigung wechselt. Ab 2012 muss dann jeder Riester-Sparer unabhängig vom Zulagestatus einen Eigenbeitrag von mindestens 60 Euro im Jahr - also fünf Euro pro Monat - auf seinen Vertrag einzahlen, um die volle Zulage zu erhalten. Damit soll die Rückforderung von Zulagen wegen eines Statuswechsels für die Zukunft vermieden werden.

  • Vermögenswirksame Leistungen: Es gibt mittlerweile Anlagemodelle für vermögenswirksame Leistungen, die nicht der Intention des Vermögensbildungsgesetzes entsprechen. Dabei haben die Arbeitnehmer die Möglichkeit, sich an einem Immobilienportfolio zu beteiligen, werden aber in der Regel mit einem Totalverlust ihrer Anlage rechnen müssen. Daher werden ab 2012 für Immobilien angelegte vermögenswirksame Leistungen nicht mehr gefördert, sofern der Anlage ein von Kapitalanlagegesellschaften vorgefertigtes Konzept zugrunde liegt, bei dem die Anlage zusammen mit mehr als 15 anderen Arbeitnehmern erfolgt. Die Verwendung der vermögenswirksamen Leistungen für das Eigenheim bleibt also weiter begünstigt.

  • Kapitalerträge: Kapitalerträge, die der Abgeltungsteuer unterliegen, werden ab 2012 bei der Ermittlung des Spendenabzugsvolumens, der zumutbaren Eigenbelastung bei außergewöhnlichen Belastungen oder dem Abzug von Unterhaltsleistungen nicht mehr berücksichtigt.

  • Zwischenverwahrung im Ausland: Wenn Banken Aktien über eine ausländische Börse ankaufen und dann dort belassen, kann es bisher zu einem ungerechtfertigten Einbehalt der Kapitalertragsteuer kommen. Eine Änderung soll dies ab 2012 vermeiden.

  • Genossenschaftsausschüttungen: Genossenschaften sollen künftig bei Gewinnausschüttungen prüfen, ob eine Befreiung vom Kapitalertragsteuerabzug gegeben ist, beispielsweise ein Freistellungsauftrag, der einer Genossenschaftsbank vorliegt.

  • Stiftungen: Rechtlich unselbstständige Stiftungen werden beim Kapitalertragsteuerabzug mit rechtlich selbstständigen Stiftungen gleichgestellt.

  • Holznutzungen: Das Verfahren zur Ermittlung der zu begünstigenden Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen wird ab 2012 wesentlich vereinfacht. Außerdem werden die Vorgaben und Pauschsätze für die pauschalierte Ermittlung der Gewinne aus Holznutzungen geändert.

mehr lesen

Lohnsteuerabzug im Kalenderjahr 2012

Der eigentlich für den 1. Januar 2012 vorgesehene Start der neuen elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) verzögert sich, nachdem die Finanzverwaltung zwei Monate vor dem geplanten Start gravierende Probleme mit ihrer Software entdeckt hat. Der Start des elektronischen Abrufverfahrens ist jetzt zunächst probeweise ab dem 1. November 2012 und dann verbindlich zum 1. Januar 2013 geplant. Bis dahin ist ein Abruf der ELStAM nicht möglich.

Ursprünglich war nur von einer Verschiebung des ELStAM-Starts um drei Monate die Rede. Anscheinend hat man in der Finanzverwaltung dann aber doch noch ein Einsehen gehabt und das ganze Projekt gleich um ein Jahr verschoben. Ob dies daran liegt, dass eine nochmalige Verschiebung den Ruf endgültig ruiniert hätte, falls in 2012 noch weitere Probleme auftauchen, oder weil man den Arbeitgebern eine Umstellung im laufenden Jahr und die Korrektur zahlreicher Lohnabrechnungen ersparen wollte, ist unbekannt.

So oder so ist die Verschiebung um ein Jahr die vernünftigste Lösung, denn sie gibt der Finanzverwaltung genügend Zeit, ihre EDV-Probleme in den Griff zu bekommen und erspart den Arbeitgebern einigen bürokratischen Aufwand. Das bedeutet dann allerdings auch, dass der Übergangszeitraum im Kalenderjahr 2012 fortbesteht. Im Wesentlichen bleibt also erst einmal alles wie gehabt, wenn auch mit einigen Änderungen, die das Bundesfinanzministerium jetzt bekannt gemacht hat.

Die Finanzämter schreiben nun die Arbeitgeber an und informieren sie zumindest über die wichtigsten Vorgaben für das kommende Jahr. Grundsätzlich gilt die Lohnsteuerkarte 2010 oder eine Ersatzbescheinigung des Finanzamtes weiter. Die dort zuletzt eingetragenen Lohnsteuerabzugsmerkmale sind also - unabhängig von der eingetragenen Gültigkeit - vom Arbeitgeber auch 2012 zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber braucht nicht zu prüfen, ob die einzelnen Lohnsteuerabzugsmerkmale noch vorliegen.

Ein Arbeitnehmer kann jedoch für 2012 dem Arbeitgeber auch von der Lohnsteuerkarte 2010 oder von der Ersatzbescheinigung 2011 abweichende Besteuerungsmerkmale nachweisen. Dazu muss er dem Arbeitgeber entweder das Mitteilungsschreiben des Finanzamts zur "Information über die erstmals elektronisch gespeicherten Daten für den Lohnsteuerabzug" oder den Ausdruck oder eine sonstige Papierbescheinigung des Finanzamts mit den 2012 gültigen elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen vorlegen.

Damit sichergestellt ist, dass alle Zweit- und Nebenarbeitsverhältnisse mit der Steuerklasse VI geführt werden, ist das Mitteilungsschreiben oder die Bescheinigung des Finanzamts nur dann für den Arbeitgeber maßgebend, wenn ihm gleichzeitig die Lohnsteuerkarte 2010 oder die Ersatzbescheinigung 2011 des Arbeitnehmers vorliegt. Nichtsdestotrotz sind dann die Angaben auf der Lohnsteuerkarte oder Ersatzbescheinigung irrelevant; allein die auf der zuletzt ausgestellten amtlichen Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug ausgewiesenen Lohnsteuerabzugsmerkmale sind maßgebend.

Bei einem Arbeitgeberwechsel muss der Arbeitnehmer sich entsprechend in diesem Fall beide Dokumente vom alten Arbeitgeber zurück geben lassen und dem neuen Arbeitgeber aushändigen. Wer weder eine Lohnsteuerkarte 2010 noch eine Ersatzbescheinigung 2011 hat, aber 2012 ein neues Arbeitsverhältnis beginnt, muss beim Finanzamt eine Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug 2012 (Ersatzbescheinigung 2012) beantragen. Davon ausgenommen sind Azubis, denn die Vereinfachungsregelung für Auszubildende wurde ebenfalls verlängert. Für die darf der Arbeitgeber auch ohne die Ersatzbescheinigung die Steuerklasse I ansetzen, wenn der Azubi dem Arbeitgeber seine persönlichen Daten (Steueridentnummer, Geburtsdatum, Religionszugehörigkeit) schriftlich bestätigt und versichert, dass es sich um das erste Arbeitsverhältnis handelt.

Die Anzeigepflicht des Arbeitnehmers bleibt ebenfalls weiter bestehen. Arbeitnehmer müssen nämlich die Steuerklasse und die Zahl der Kinderfreibeträge auf der Lohnsteuerkarte 2010 oder Ersatzbescheinigung 2011 umgehend durch das Finanzamt ändern lassen, wenn die Eintragungen auf der Karte günstiger sind als die tatsächlichen Verhältnisse zu Beginn des Jahres 2012. Wurde zum Beispiel eine Ehe in 2011 geschieden und sind somit die Voraussetzungen für die Steuerklasse III weggefallen, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, die Steuerklasse I auf der Lohnsteuerkarte oder Ersatzbescheinigung eintragen zu lassen.

Wenn allerdings nur ein für 2010 oder 2011 eingetragener Freibetrag in 2012 nicht mehr den tatsächlichen Verhältnissen entspricht, ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet, die Anpassung zu veranlassen. Ein Antrag auf die Herabsetzung von Freibeträgen empfiehlt sich aber, um Nachzahlungen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu vermeiden. Außerdem ist mit einem Freibetrag - von wenigen Ausnahmen abgesehen - zwangsläufig eine Einkommensteuererklärung abzugeben.

mehr lesen

Inoffizielles Jahressteuergesetz vorm Abschluss

Am 27. Oktober 2011 hat der Bundestag das Gesetz zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften verabschiedet, mit dem in erster Linie die Beitreibungsrichtlinie der EU umgesetzt werden soll. Daneben sind im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens jedoch auch immer mehr steuerliche Änderungen in das Gesetz aufgenommen worden. Das Gesetz wird daher mittlerweile zumindest inoffiziell immer häufiger als "Jahressteuergesetz 2011" bezeichnet.

In den meisten Fällen handelt es sich bei den geplanten Änderungen um kleinere Korrekturen im Steuerrecht, die nur wenige Steuerpflichtige betreffen oder zumindest ohne große praktische Auswirkung bleiben. Hier ist ein Überblick über die wesentlichen Änderungen im Gesetz, die von allgemeinem Interesse sind:

  • Ausbildungskosten: Das erfreuliche Urteil des Bundesfinanzhofs zur Abziehbarkeit der Kosten einer Berufsausbildung wird durch eine als "Klarstellung" bezeichnete Gesetzesänderung rückwirkend ab 2004 ausgehebelt. Im Gegenzug wird der maximale Sonderausgabenabzug für Ausbildungskosten ab 2012 von 4.000 auf 6.000 Euro angehoben.

  • Riester-Rente: Wer unbeabsichtigt die Zahlung des Eigenbeitrags für die Riester-Rente versäumt hat, erhält die Möglichkeit, den Eigenbeitrag nachzuzahlen und sich damit die staatliche Zulage zu sichern. Das betrifft insbesondere nicht berufstätige Ehepartner, die die Riester-Zulage bisher auch ohne Eigenbeitrag erhalten haben. Nach der Geburt eines Kindes zahlt aber der Staat für drei Jahre Rentenversicherungsbeiträge, wodurch der Ehepartner Mitglied in der gesetzlichen Rentenversicherung wird und damit von der mittelbaren in die unmittelbare Zulagenberechtigung wechselt. Ab 2012 muss dann jeder Riester-Sparer unabhängig vom Zulagestatus einen Eigenbeitrag von mindestens 60 Euro im Jahr - also fünf Euro pro Monat - auf seinen Vertrag einzahlen, um die volle Zulage zu erhalten. Damit soll die Rückforderung von Zulagen wegen eines Statuswechsels für die Zukunft vermieden werden.

  • Kindergeld: Der Katalog der Freiwilligendienste beim Kindergeld wird ab 2011 um den neuen Bundesfreiwilligendienst und um den Internationalen Jugendfreiwilligendienst erweitert. Dann besteht auch für die Kinder ein Kindergeldanspruch, die einen dieser neuen Dienste leisten.

  • Altersversorgung: Die Übertragung von Anrechten auf Altersversorgung - beispielsweise von einem Riester-Vertrag auf einen anderen oder zwischen Verträgen der betrieblichen Altersversorgung - wird steuerneutral möglich.

  • Lohnsteuerabzug: Die lohnsteuerlichen Verfahrensvorschriften werden an das neue elektronische Verfahren (ELStAM) angepasst. Außerdem werden die für 2011 geltenden Übergangsregelungen aufgehoben, die angesichts der Verzögerung des ELStAM-Starts wohl noch etwas länger als ursprünglich geplant zur Anwendung kommen müssen.

  • Abgeltungsteuer: Für Kapitalerträge, die der Abgeltungsteuer unterliegen, wird ein automatisches Verfahren für den Abzug der Kirchensteuer eingeführt. Die Banken sollen ab 2013 beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) anhand der Steueridentnummer des Kapitalanlegers dessen Kirchensteuerpflicht abfragen können und dann die Kirchensteuer automatisch einbehalten. Ein Anleger kann beim BZSt allerdings der Übermittlung seiner Religionszugehörigkeit an die Banken widersprechen.

  • Sanierungsklausel: Die Sanierungsklausel, die auf Druck der EU-Kommission ursprünglich komplett gestrichen werden sollte, wird nun nur suspendiert. Falls die Kommission eine gegenteilige Entscheidung trifft oder der Europäische Gerichtshof feststellt, dass die Sanierungsklausel zulässig ist, soll sie wieder in Kraft treten können.

  • Veranstaltungsleistungen: Rückwirkend zum 1. Juli 2011 sollen Veranstaltungsleistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, die im Drittland stattfinden, grundsätzlich als im Drittlandsgebiet ausgeführt gelten.

  • Bewertungsrecht: Es erfolgen verschiedene Korrekturen im Bewertungsgesetz, unter anderem zur Vermeidung von Besteuerungslücken wenn Bodenrichtwerte fehlen.

  • Schenkungen: Mehrere Änderungen betreffen Schenkungen im Zusammenhang mit Beteiligungen an Kapitalgesellschaften. Unter anderem wird eine Besteuerungslücke geschlossen, indem eine überproportionale Einlage eines Gesellschafters, durch die auch der Wert der Anteile der anderen Gesellschafter steigt, einer direkten Schenkung an die anderen Gesellschafter gleichgestellt wird.

  • Erbschaftsteuer: Haben sowohl der Erblasser als auch der Erbe (oder Schenker und Beschenkter) ihren Wohnsitz nicht in Deutschland, unterliegen sie nur der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht. In diesem Fall unterliegt nur das in Deutschland belegene Immobilien- und Betriebsvermögen der Steuerpflicht, übriges Vermögen bleibt steuerfrei. Dafür beträgt der Freibetrag in diesem Fall allerdings auch nur 2.000 Euro. Nach Auffassung der EU-Kommission sind diese Bestimmungen diskriminierend und stellen eine ungerechtfertigte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar. Erben aus den EU-Staaten erhalten in solchen Fällen daher zukünftig die Möglichkeit, die unbeschränkte Steuerpflicht zu beantragen. Dann haben sie zwar Anspruch auf den normalen Freibetrag von bis zu 500.000 Euro, müssen aber im Gegenzug das gesamte Erbe versteuern.

mehr lesen

Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte verzögert sich

Die geplante Einführung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM), die ab dem 1. Januar 2012 die bisherige Lohnsteuerkarte ersetzen sollten, wird sich um mehrere Monate verzögern. Als möglicher neuer Starttermin ist nun der April 2012 im Gespräch, allerdings ist der tatsächliche Termin bis jetzt ebenso unsicher wie die genaue Vorgehensweise für die Übergangszeit. Auch die bei den Finanzämtern gespeicherten Lohnsteuermerkmale für die Arbeitnehmer sind noch in vielen Fällen fehlerhaft. Das zeigen die Schreiben mit den gespeicherten Daten, die die Arbeitnehmer in den letzten Wochen vom Finanzamt erhalten haben.

Bisher gibt es zur ELStAM-Einführung von offizieller Seite nur eine recht magere Meldung des Bundesfinanzministeriums: Am 31. Oktober teilte das Ministerium mit, dass sich die Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte auf Grund von Verzögerungen bei der technischen Erprobung des Abrufverfahrens verschieben wird. Bund und Länder würden daher einen neuen Termin und die weitere Vorgehensweise für den Start abstimmen.

Drei Wochen später gibt es allerdings immer noch keine weiteren Angaben, wann genau das neue Verfahren nun starten soll und wie Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Zwischenzeit verfahren sollen. Der Deutsche Steuerberaterverband spricht sich daher gegen Überlegungen aus, den Start von ELStAM nur um wenige Monate zu verlegen und plädiert für eine Verschiebung um ein Jahr auf 2013.

Es deutet jedoch vieles darauf hin, dass sich die Finanzverwaltung auf einen Start des neuen Verfahrens zum 1. April 2012 festlegen wird. In diesem Fall müssten die Arbeitgeber die Lohnabrechnungen in den ersten drei Monaten des kommenden Jahres weiterhin auf der Grundlage der Lohnsteuerkarte 2010 machen, um dann im April den Lohnsteuerabzug für alle Arbeitnehmer auf der Grundlage der neuen Daten zu korrigieren - was voraussichtlich mit entsprechend viel Aufwand für die Arbeitgeber verbunden ist.

Wenn sich die für den Lohnsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse geändert haben, können Arbeitnehmer ihrem Arbeitgeber auch das ELStAM-Informationsschreiben für den Lohnsteuerabzug zur Verfügung stellen. Das teilt das Sächsische Finanzministerium in einer Pressemitteilung mit. Arbeitnehmer, die eine Korrektur der ELStAM-Daten veranlasst haben, sollen demnach noch im Dezember 2011 ein korrigiertes Schreiben erhalten.

Wird stattdessen weiterhin die Lohnsteuerkarte 2010 verwendet, kann es zu gravierenden Steuernachzahlungen kommen, wenn ein jetzt noch auf der Lohnsteuerkarte eingetragener Freibetrag für 2012 nicht neu beantragt wurde oder weggefallen ist. Der Freibetrag wird dann nämlich vorerst weiter berücksichtigt, die zu wenig einbehaltene Lohnsteuer wird dann aber mit der Umstellung auf das neue Verfahren fällig.

Den Freibetrag für ein Jahr können Arbeitnehmer übrigens bis zum 30. November des laufenden Jahres beantragen. Auch wer also jetzt vergisst, einen Antrag für 2012 zu stellen, hat noch fast das ganze Jahr 2012 die Möglichkeit, sich einen Freibetrag eintragen zu lassen. Für 2011 endet die Möglichkeit, einen Freibetrag zu beantragen, entsprechend mit dem 30. November 2011.

Auch wenn die Finanzverwaltung die Verzögerung in erster Linie mit Softwareproblemen bei der Datenschnittstelle für die Arbeitgeber begründet, gibt es noch ein weiteres Problem bei ELStAM: Mittlerweile hat ein Gutteil der Arbeitnehmer vom Finanzamt ein Schreiben mit den ab 2012 für sie gültigen Lohnsteuerabzugsmerkmalen erhalten. Dabei hat sich gezeigt, dass in vielen Fällen die derzeit beim Finanzamt gespeicherten Lohnsteuermerkmale nicht korrekt sind. Die Betroffenen müssen dann aktiv werden und bei ihrem Finanzamt eine Korrektur beantragen.

Besonders häufig gibt es Probleme mit der Steuerklasse bei Ehepaaren, die bisher die Steuerklassen III und V hatten. Oft ist jetzt bei beiden Ehegatten die Steuerklasse IV gespeichert. Auch bei der Anzahl der Kinderfreibeträge und den Angaben für den Kirchensteuerabzug wurden häufiger Fehler gemeldet. Weil die Finanzämter inzwischen mit Korrekturanträgen überflutet werden und der Versand der Schreiben an die Arbeitnehmer noch nicht einmal abgeschlossen ist, besteht durchaus die Möglichkeit, dass auch der nächste ELStAM-Starttermin nicht gehalten werden kann, weil die Finanzämter mit der Bearbeitung der Korrekturen nicht nachkommen.

Eine Redensart sagt, dass man aus Fehlern klug wird. Die letzten Jahre haben aber gezeigt, dass es eine Ausnahme gibt, die diese Regel bestätigt: Es gelingt der deutschen Verwaltung beim besten Willen nicht, ein großes IT-Projekt fehlerfrei zum anvisierten Starttermin umzusetzen. Die Beispiele dafür sind mittlerweile Legion - von der Einführung der Lkw-Maut über die Steueridentnummer bis zum jetzt wieder abgeschafften ELENA.

Angesichts dieser Bilanz fragt man sich, was die Verantwortlichen in der Finanzverwaltung wohl geritten haben muss, als sie noch bis Ende Oktober von einer reibungslosen Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte (ELStAM) ausgegangen sind. Man hätte jedenfalls viel Chaos vermeiden und die Nerven aller Beteiligter schonen können, wenn man in der Finanzverwaltung früher auf die offenbar doch recht gravierenden Probleme reagiert hätte.

mehr lesen

Steuervereinfachungsgesetz 2011 verabschiedet

In der letzten Sitzung vor der parlamentarischen Sommerpause am 8. Juli 2011 hat der Bundesrat ganz überraschend sowohl dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 als auch dem Gesetz zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden die Zustimmung verweigert. Zumindest für das Steuervereinfachungsgesetz 2011 hat die Bundesregierung daher den Vermittlungsausschuss angerufen, der aus dem Gesetz die Möglichkeit zur Abgabe einer Steuererklärung für jeweils zwei Jahre gestrichen hat, an der sich die Länder besonders gestört hatten.

Die Länder wollten außerdem die Einführung einer Bagatellgrenze bei der verbindlichen Auskunft verhindern und eine Anhebung des Behinderten-Pauschbetrags durchsetzen. Diese beiden Kritikpunkte der Bundesländer wurden vom Vermittlungsausschuss jedoch nicht aufgegriffen. Dieses Vermittlungsergebnis haben Bundestag und Bundesrat nun am 23. September verabschiedet, sodass das Steuervereinfachungsgesetz 2011 in der veränderten Form in Kraft treten kann. Hier ist ein Überblick über alle wesentlichen Änderungen durch das Steuervereinfachungsgesetz:

  • Elektronische Rechnungen: Eine Änderung der EU-Direktive zur Mehrwertsteuer verlangt von den Mitgliedsstaaten die vollständige Gleichstellung von Papier- und elektronischen Rechnungen. Das müssen die EU-Staaten spätestens bis 2013 umgesetzt haben. Das Steuervereinfachungsgesetz streicht die Signaturpflicht bei elektronischen Rechnungen nun wie vorgesehen bereits rückwirkend zum 1. Juli 2011. Rechnungsaussteller und -empfänger müssen weiterhin innerhalb der Aufbewahrungsfristen die Echtheit, Unversehrtheit und Lesbarkeit der Rechnung sicherstellen, es bleibt ihnen dann aber selbst überlassen, auf welchem Wege sie das tun. Bei einer Umsatzsteuer-Nachschau darf das Finanzamt dafür nun aber auch elektronisch gespeicherte Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere, andere Urkunden und elektronische Rechnungen einsehen.

  • Arbeitnehmer-Pauschbetrag: Vor sieben Jahren wurde der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.044 Euro auf 920 Euro reduziert, jetzt wird er wieder auf 1.000 Euro steigen, und zwar rückwirkend noch für 2011. Das soll den Einzelnachweis von Ausgaben für 550.000 Arbeitnehmer überflüssig machen. Um eine Änderung des Lohnsteuerabzugs für die bisherigen Monate in 2011 zu vermeiden, sieht das Gesetz vor, dass der gesamte Erhöhungsbetrag von 80 Euro in der Lohnabrechnung vom Dezember 2011 zu berücksichtigen ist.

  • Entfernungspauschale: Nutzt der Steuerzahler für den Arbeitsweg abwechselnd öffentliche Verkehrsmittel und den eigenen Pkw, werden ab 2012 durch die Umstellung von einer tagweisen auf eine jährliche Vergleichsrechnung die derzeit noch notwendigen Aufzeichnungen und Berechnungen überflüssig. In einigen Fällen bedeutet dies jedoch eine Verschlechterung, weil Berufstätige, die nur zeitweise öffentliche Verkehrsmittel nutzen, nicht mehr den höheren Fahrkartenpreis geltend machen können. Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel können nämlich nur noch dann mit dem tatsächlichen Preis angesetzt werden, wenn sie allein den Jahreshöchstbetrag für die Entfernungspauschale von 4.500 Euro übersteigen.

  • Kinderbetreuungskosten: Kosten für die Kinderbetreuung werden ab 2012 generell als Sonderausgaben berücksichtigt. Außerdem werden die Anspruchsvoraussetzungen bei den Eltern gestrichen, sodass der Abzug nun unabhängig von einer Erwerbstätigkeit, Krankheit oder Behinderung für alle Kinder unter 14 Jahren möglich ist. Eine umfangreiche Prüfung, ob es sich um Werbungskosten oder Sonderausgaben handelt, entfällt dadurch. Dass sich der fehlende Werbungskostenabzug negativ im außersteuerlichen Bereich auswirkt, beispielsweise beim Wohngeld oder einkommensabhängigen Beiträgen für den Kindergarten, wird durch eine Zusatzvorschrift verhindert. An der Höhe der abziehbaren Betreuungskosten - zwei Drittel der Ausgaben, höchstens aber 4.000 Euro je Kind - ändert sich nichts.

  • Kindergeld: Zahllose Streitereien mit der Familienkasse und Verfahren vor den Finanzgerichten werden ab 2012 überflüssig, denn bei der Gewährung von Kindergeld und -freibeträgen für volljährige Kinder wird dann auf die Einkommensüberprüfung der Kinder verzichtet. Eine Erwerbstätigkeit des Kindes bleibt dann generell bis zum Abschluss der ersten Berufsausbildung oder des Erststudiums unberücksichtigt, es sei denn, das Kind befindet sich in einer Übergangszeit oder kann die Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatz nicht beginnen. Nach der Ausbildung oder dem Studium gilt die widerlegbare Vermutung, dass das Kind in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten. Der Verzicht auf die Einkommensprüfung gilt ebenso beim Unterhaltshöchstbetrag und Ausbildungsfreibetrag.

  • Kinderfreibetrag: Die Vorschriften zur Übertragung der steuerlichen Freibeträge für Kinder von geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Eltern werden ab 2012 vereinfacht.

  • Verbilligte Vermietung: Statt zweier Grenzen bei der verbilligten Vermietung einer Wohnung (56 % der ortsüblichen Miete als Untergrenze für den vollen Werbungskostenabzug, 75 % für den Verzicht auf eine Überschussprognose) soll es nur noch einen Prozentsatz geben. Wird mehr als 66 % der ortsüblichen Miete gezahlt, gilt die Vermietung als vollentgeltlich und ermöglicht den vollen Werbungskostenabzug, ohne dass eine Überschussprognose notwendig wird. Diese Änderung gilt ab dem 1. Januar 2012. Bis dahin bleibt also noch Zeit, Mietverträge anzupassen, um einen teilweisen Ausschluss der Werbungskosten wegen einer zu niedrigen Miete ab 2012 zu vermeiden.

  • Krankheitskosten: Die bisherigen Vorgaben für den Nachweis von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung werden jetzt gesetzlich festgeschrieben. Das ist eine Reaktion auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs, nach der ein amtsärztliches Attest vor Beginn der Behandlung nicht mehr zwingend notwendig war. Mit der Gesetzesänderung bleibt diese Anforderung jedoch weiterhin bestehen, da die Änderung in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen gilt.

  • Betriebsfortführungsfiktion: Für die Fälle einer Betriebsverpachtung im Ganzen oder einer Betriebsunterbrechung wird eine Betriebsfortführungsfiktion eingeführt. Das bedeutet, dass der Betrieb so lange als fortgeführt gilt, bis entweder der Inhaber gegenüber dem Finanzamt ausdrücklich die Betriebsaufgabe erklärt, oder dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Betriebsaufgabe erfüllt sind. Damit wird einerseits Rechtssicherheit für die Betroffenen hergestellt, und andererseits stellt der Staat die Besteuerung von stillen Reserven bei einer schleichenden Betriebsaufgabe sicher, weil keine Festsetzungsverjährung mehr eintreten kann. Den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe kann der Inhaber damit mehr oder weniger frei wählen, muss dies aber innerhalb von drei Monaten gegenüber dem Finanzamt erklären. Diese Änderung gilt für eine Betriebsaufgabe nach dem Tag der Gesetzesverkündung, auf den Termin der Aufgabeerklärung kommt es nicht an.

  • Ehegattenveranlagung: Statt der geplanten Tarifminderungsregelung wird ein Wahlrecht zwischen Einzel- und Zusammenveranlagung eingeführt. Wichtig ist vor allem, dass die Getrenntveranlagung durch eine Einzelveranlagung ersetzt wird. Die steuerlich berücksichtigungsfähigen Privatausgaben (Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, Handwerkerleistungen und haushaltsnahe Dienstleistungen) werden dabei dem Ehegatten zugeordnet, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat. Auf gemeinsamen Antrag ist aber auch eine hälftige Aufteilung der Aufwendungen auf beide Ehegatten möglich. All diese Änderungen bei der Ehegattenveranlagung sollen erst ab 2013 gelten.

  • Krankenversicherungsbeiträge: Die Beitragserstattungen aus einer Basiskrankenversicherung oder Pflegeversicherung sowie steuerfreie Zuschüsse zu solchen Versicherungen werden mit den gezahlten Beiträgen verrechnet. Fallen die Erstattungen oder Zuschüsse höher aus als die Beiträge, wird der Überhang dem Einkommen zugeschlagen. Bei Erstattung anderer als Sonderausgaben geltend gemachter Aufwendungen gilt das gleiche.

  • Kapitalerträge: Kapitalerträge, die der Abgeltungsteuer unterliegen, werden ab 2012 bei der Ermittlung des Spendenabzugsvolumens, der zumutbaren Eigenbelastung bei außergewöhnlichen Belastungen oder dem Abzug von Unterhaltsleistungen nicht mehr berücksichtigt.

  • Genossenschaftsausschüttungen: Genossenschaften sollen künftig bei Gewinnausschüttungen prüfen, ob eine Befreiung vom Kapitalertragsteuerabzug gegeben ist, beispielsweise ein Freistellungsauftrag, der einer Genossenschaftsbank vorliegt.

  • Pflichtveranlagungen: Arbeitnehmer mit geringem Einkommen, die eine hohe Mindestvorsorgepauschale für die Kranken- und Pflegeversicherung aufweisen, müssen keine Steuererklärung mehr abgeben, wenn ihr Einkommen die diversen gesetzlichen Freibeträge ohnehin nicht überschreitet. Das ist der Fall bei einem Einkommen von bis zu 10.200 Euro bei Singles und 19.400 Euro bei Ehegatten. Diese Änderung gilt rückwirkend ab 2010.

  • Abgabefristen: Für Land- und Forstwirte mit abweichendem Wirtschaftsjahr gilt nun ebenfalls die Regelabgabefrist von 5 Monaten statt wie bisher nur 3 Monate, und zwar bereits rückwirkend für den Veranlagungszeitraum 2010.

  • Holznutzungen: Das Verfahren zur Ermittlung der zu begünstigenden Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen wird ab 2012 wesentlich vereinfacht. Außerdem werden die Vorgaben und Pauschsätze für die pauschalierte Ermittlung der Gewinne aus Holznutzungen geändert.

  • Erbschaftsteuer: Beim Verschonungsabschlag für Betriebsvermögen wird ein neues Feststellungsverfahren für die Ausgangslohnsumme und die Anzahl der Beschäftigten eingeführt, um spätere Rechtsunsicherheiten zu vermeiden. Auch für das Verwaltungsvermögen und das junge Verwaltungsvermögen wird ein Feststellungsverfahren eingeführt. Dies gilt für Erbschaften oder Schenkungen seit dem 1. Juli 2011.

  • Stiftungen: Rechtlich unselbstständige Stiftungen werden beim Kapitalertragsteuerabzug mit rechtlich selbstständigen Stiftungen gleichgestellt.

  • Spendennachweis: Die bisher immer nur im Einzelfall geregelten Erleichterungen für den Nachweis von Spenden in Katastrophenfällen werden ab 2011 gesetzlich festgeschrieben.

  • Datenübermittlung: Bei der vollelektronischen Übermittlung von Steuerdaten wird ab 2013 eine obligatorische Authentifizierung des Datenübermittlers vorgeschrieben.

  • Verbindliche Auskunft: Verbindliche Auskünfte des Finanzamts sind künftig nur noch bei einem Gegenstandswert von mehr als 10.000 Euro gebührenpflichtig. Diese Bagatellgrenze gilt dann, wenn der Antrag nach der Gesetzesverkündung beim Finanzamt eingeht.

mehr lesen

Jetzt Rückruf anfordern

Sie haben Fragen? Wir freuen uns auf Ihren Anruf oder Ihre Mail.

Ich stimme zu, dass meine Angaben aus dem Kontaktformular zur Beantwortung meiner Anfrage erhoben und verarbeitet werden. Die Daten werden nach abgeschlossener Bearbeitung Ihrer Anfrage gelöscht. Detaillierte Informationen zum Umgang mit Nutzerdaten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.