Steuerverwaltung und Steuerprüfungen

Entwurf des Jahressteuergesetzes 2019 liegt vor

Im Mai hat das Bundesfinanzministerium den ersten Entwurf für ein "Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" veröffentlicht. Das Gesetz enthält neben der namensgebenden Verlängerung und Ausweitung von Steuerbegünstigungen für Elektrofahrzeuge noch viele andere Änderungen im Steuerrecht und fungiert damit als inoffizielles "Jahressteuergesetz 2019".

Es ist schon eine ganze Weile her, seit ein Jahressteuergesetz offiziell diesen Namen tragen durfte. Warum das Bundesfinanzministerium und der Gesetzgeber seit vielen Jahren auf diese einfache und klare Bezeichnung verzichten, ist nicht bekannt. An der Praxis, jährlich ein Omnibusgesetz zu verfassen, in das alle notwendigen oder gewollten Änderungen im Steuerrecht einfließen, die nicht Teil eines bestimmten Maßnahmenpakets sind, hat sich dagegen in den letzten Jahren nichts geändert.

Im Wesentlichen beschränken sich die steuerlichen Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität in diesem Gesetz auf die Verlängerung verschiedener bereits geltender Vergünstigungen. Das umfasst auch die erst Anfang des Jahres eingeführten Steuerbefreiungen für Jobtickets und die Überlassung oder Privatnutzung von Fahrrädern. Neu ist lediglich die Einführung einer Sonderabschreibung für Lieferwagen mit Elektroantrieb. Für eine übersichtlichere Zusammenfassung aller Änderungen im Jahressteuergesetz 2019 sind die Änderungen, die die Mobilität betreffen, im Beitrag "Förderung der umweltfreundlichen Mobilität" zusammengefasst.

Alle übrigen wesentlichen Änderungen haben wir hier für Sie zusammengefasst. Dazu gehört neben verschiedenen lohnsteuerlichen Regelungen unter anderem auch die Umsetzung diverser Vorgaben der EU zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs. Alle Änderungen sollen, sofern nicht ausdrücklich etwas anders angegeben ist, zum 1. Januar 2020 in Kraft treten. Das Gesetz selbst soll dazu bis zum Jahresende verabschiedet werden, wird bis dahin aber sicher noch die eine oder andere Änderung erfahren.

  • Verpflegungsmehraufwand: Die Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand sollen angehoben werden. Für einen vollen Kalendertag der Abwesenheit können dann 28 Euro statt bisher 24 Euro angesetzt werden und für den An- und Abreisetag oder einer Abwesenheit von mehr als acht Stunden der halbe Betrag, also 14 Euro statt bisher 12 Euro.

  • Kraftfahrerpauschale: Für Berufskraftfahrer und andere Arbeitnehmer, die ihre Tätigkeit vorwiegend in einem Kfz ausüben, wird eine neue Werbungskostenpauschale für Übernachtungen im Fahrzeug des Arbeitgebers von 8 Euro pro Tag eingeführt. Diesen Betrag kann der Arbeitnehmer in seiner Steuererklärung als Werbungskosten geltend machen, sofern er nicht vom Arbeitgeber steuerfrei ersetzt wird. Selbstverständlich können stattdessen auch weiterhin die tatsächlichen Aufwendungen geltend gemacht werden, wenn diese höher sind. Die Entscheidung, die tatsächlich entstandenen Mehraufwendungen oder den gesetzlichen Pauschbetrag geltend zu machen, muss jedoch im ganzen Kalenderjahr einheitlich sein. Die neue Pauschale kann zusätzlich zu den Verpflegungsmehraufwendungen für alle Tage mit einer Abwesenheit von 24 Stunden sowie für den An- und Abreisetag beansprucht werden.

  • Sachbezüge: Immer wieder gab es in der Vergangenheit Streit mit den Finanzämtern über die Abgrenzung zwischen Bar- und Sachlohn, insbesondere wenn es um Gutscheine, Kostenerstattungen oder die Übernahme von Versicherungsbeiträgen durch den Arbeitgeber ging. Weil sich die Rechtsprechung zu dieser Abgrenzung im Lauf der Jahre mehrfach geändert hat, soll nun eine gesetzliche Definition dauerhaft für mehr Klarheit sorgen und gleichzeitig bestimmte Entgeltoptimierungsmodelle für die Zukunft verhindern. Zum grundsätzlich steuerpflichtigen Barlohn gehören künftig zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten sowie Versicherungsbeiträge und andere Zukunftssicherungsleistungen für den Arbeitnehmer oder diesem nahestehende Personen. Es wird also grundsätzlich klargestellt, dass alle Leistungen, die auf einen Geldbetrag lauten, auch als Einnahme in Geld behandelt werden. Gutscheine gelten allerdings weiterhin als Sachbezüge, wenn der Aussteller identisch ist mit dem Unternehmen, dessen Waren oder Dienstleistungen damit bezogen werden können. Bestimmte Leistungen (Guthabenkarten etc.) sind damit jedoch künftig keine Sachbezüge mehr. Die Änderung wirkt sich nicht nur auf die monatliche Freigrenze für Sachbezüge von 44 Euro aus, sondern auch auf die Pauschalierung der Einkommensteuer bei Sachzuwendungen.

  • Abfärbung: Die Einkünfte einer Personengesellschaft, die selbst nicht gewerblich tätig ist, aber aus Beteiligungen oder Nebentätigkeiten gewerbliche Einkünfte in nicht vernachlässigbarer Höhe erzielt, gilt in vollem Umfang als gewerblich tätig und unterliegt damit auch mit dem gesamten Ertrag der Gewerbesteuer. Nachdem der Bundesfinanzhof im letzten Jahr entschieden hatte, dass diese gewerbliche Abfärbung nicht zum Tragen kommt, wenn aus der gewerblichen Beteiligung oder Nebentätigkeit keine positiven Erträge resultieren, will das Bundesfinanzministerium dieses Urteil nun per Nichtanwendungsgesetz aushebeln. Nach der Änderung sollen in allen noch offenen Fällen auch gewerbliche Beteiligungen und Nebentätigkeiten, die nur mit Verlust betrieben werden, eine Abfärbung zur Folge haben.

  • Wohnungsüberlassung: Für Wohnungen, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zu eigenen Wohnzwecken überlässt, wird ein Bewertungsabschlag eingeführt. Bisher war grundsätzlich die Differenz zwischen vom Arbeitnehmer tatsächlich gezahlter Miete und ortsüblicher Miete als Sachbezug zu versteuern. Künftig soll der Ansatz eines Sachbezugs unterbleiben, soweit der Arbeitnehmer mindestens zwei Drittel der ortsüblichen Miete bezahlt und die ortsübliche Nettokaltmiete nicht mehr als 20 Euro je Quadratmeter beträgt. Effektiv ist also nur noch die Differenz zwischen tatsächlicher Miete und der um ein Drittel reduzierten Vergleichsmiete als Sachbezug anzusetzen. Damit soll die soziale Fürsorge von Arbeitgebern unterstützt werden, die ihren Arbeitnehmern auch in hochpreisigen Ballungsgebieten bezahlbaren Wohnraum bereitstellen. Die Obergrenze soll die Anwendung des Bewertungsabschlags auf Luxuswohnungen verhindern. Für die Bewertung einer Unterkunft, die keine vollständige Wohnung ist, ist wie bisher der amtliche Sachbezugswert maßgebend.

  • Sofortmaßnahmen: Vor einiger Zeit hat sich die EU-Kommission eine wesentliche Überarbeitung des EU-Mehrwertsteuersystems vorgenommen. Das seit 1993 geltende derzeitige System soll voraussichtlich bis 2022 einer grundlegenden Reform unterzogen werden. Weil die Beratung zwischen den Mitgliedstaaten zu einer so umfassenden Reform aber viel Zeit in Anspruch nimmt, führt die EU auch am bisherigen System noch Änderungen durch. Der Rat der EU hat daher im Dezember 2018 mehrere Sofortmaßnahmen ("Quick Fixes") zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs und Verbesserung der Rechtssicherheit bei grenzüberschreitenden Geschäften beschlossen. Diese Änderungen sollen spezifische Probleme bei der Steuerbefreiung und dem Nachweis innergemeinschaftlicher Lieferungen, bei Reihengeschäften und bei Konsignationslagern lösen, bis das neue Mehrwertsteuersystem kommt. Sie werden im Jahressteuergesetz zum 1. Januar 2020 in nationales Recht umgesetzt.

  • EU-Lieferungen: Die Angabe der USt-Identifikationsnummer (UStIdNr.) des Käufers wird EU-weit als zusätzliche Voraussetzung für die Umsatzsteuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von Gegenständen festgeschrieben. Die UStIdNr. ist nach dieser Änderung nicht mehr nur eine formale, sondern eine materielle Voraussetzung, ohne die eine Steuerbefreiung nicht in Frage kommt. Außerdem wird die Steuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung verweigert, wenn der liefernde Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung nicht oder nicht vollständig und richtig nachgekommen ist. Berichtigt der Unternehmer eine ursprünglich unrichtige oder unvollständige Zusammenfassende Meldung oder gibt diese verspätet ab, greift die Steuerbefreiung rückwirkend.

  • Nachweisregelung: Durch die unterschiedlichen Ansätze der EU-Staaten beim Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung ist Rechtsunsicherheit für die Unternehmen entstanden. Es wird daher ein gemeinsamer Rahmen für die Belege festgelegt, die für die Beantragung einer Mehrwertsteuerbefreiung von innergemeinschaftlichen Lieferungen erforderlich sind. Diese Änderung erfolgt in der MwSt-Durchführungsverordnung der EU, die direkt gilt und daher nicht in nationales Recht umgesetzt werden muss. Außerdem handelt es sich um eine Vermutungsregelung, die damit lediglich eine alternative einheitliche Nachweismöglichkeit zusätzlich zu den nationalen Regelungen (Gelangensbestätigung etc.) schafft.

  • Reihengeschäfte: Es werden einheitliche Kriterien vorgeschrieben, um die Rechtssicherheit bei der Bestimmung der umsatzsteuerlichen Behandlung von Reihengeschäften zu verbessern. Als Reihengeschäfte werden aufeinanderfolgende Lieferungen derselben Gegenstände bezeichnet, an denen mehr als zwei Parteien beteiligt sind, bei denen die Gegenstände aber direkt vom ersten Lieferer zum letzten Abnehmer befördert wird. Die innergemeinschaftliche Beförderung der Gegenstände wird eindeutig einer der Lieferungen zugeordnet, und nur diese Lieferung kommt in den Genuss der für innergemeinschaftliche Lieferungen vorgesehenen Steuerbefreiung. Wird die Ware durch den ersten Unternehmer in der Reihe befördert oder versendet, wird die Warenbewegung seiner Lieferung zugeordnet. Veranlasst dagegen der letzte Abnehmer den Transport, ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung ihm zuzuordnen. Wird die Ware schließlich durch einen Zwischenhändler befördert oder versendet, ist die Warenbewegung der Lieferung an ihn zuzuordnen, es sei denn, er weist nach, dass er die Ware als Lieferer transportiert hat oder er verwendet eine gültige UStIdNr., die ihm im Startland der Beförderung oder Versendung erteilt wurde. Die anderen Lieferungen der Reihe werden besteuert und können die mehrwertsteuerliche Registrierung des Lieferers im Mitgliedstaat der Lieferung erfordern.

  • Konsignationslager: Die letzte Sofortmaßnahme sieht eine vereinfachte und einheitliche Behandlung für die Konsignationslagerregelungen vor, bei denen ein Verkäufer Gegenstände in ein Lager verbringt, das einem bekannten Erwerber in einem anderen Mitgliedstaat zur Verfügung steht. Durch die Neuregelung wird die Lieferung aus einem Konsignationslager zu einer innergemeinschaftlichen Lieferung statt wie bisher als innergemeinschaftliche Verbringung mit anschließender lokaler Lieferung behandelt zu werden. Das erspart dem Verkäufer die Notwendigkeit, sich im Bestimmungsland steuerlich registrieren zu lassen und dort die umsatzsteuerlichen Regelungen für nationale Lieferungen zu erfüllen.

  • E-Books & Hörbücher: Im November 2018 hat die EU den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt, auf Umsätze mit Büchern, Zeitungen, Zeitschriften und anderen Erzeugnissen unabhängig von der äußeren Form der Publikation einen ermäßigten Steuersatz anzuwenden. Damit sollen elektronische Medien nicht länger bei der Umsatzsteuer benachteiligt sein. Dies wird nun in deutsches Recht umgesetzt. Veröffentlichungen in elektronischer Form sollen dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterliegen, wenn sie funktional herkömmlichen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften entsprechen. Das gilt auch für reine Online-Publikationen mit oder ohne Downloadmöglichkeit für beliebige Endgeräte sowie den Einzelabruf von Beiträgen aus einer Online-Datenbank. Ebenso sollen Hörbücher künftig begünstigt sein, wenn sie in einem elektronischen Format erworben werden. Bislang ist die Begünstigung auf körperliche Medien wie CDs beschränkt. Die Steuerermäßigung gilt sowohl für die dauerhafte als auch für die befristete Überlassung elektronischer Medien. Ausgenommen von der Steuerermäßigung sind dagegen elektronische Medien, die überwiegend aus Videoinhalten oder Musik bestehen sowie Veröffentlichungen, die überwiegend Werbezwecken dienen. Ebenfalls nicht von der Begünstigung erfasst sind elektronisch erbrachte Dienstleistungen, die über die bloße Überlassung von elektronischen Publikationen hinausgehen, beispielsweise der Zugang zu einer Online-Datenbank mit Such- und Filterfunktion. Die Änderung beim Steuersatz soll am Tag nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft treten und ist demzufolge auf Umsätze anzuwenden, die ab dann ausgeführt werden.

  • Reiseleistungen: Der Europäische Gerichtshof hatte letztes Jahr entschieden, dass die deutsche Sonderregelung für Reiseleistungen insoweit unionsrechtswidrig ist, als dass Reiseleistungen für Kunden, die diese für ihr Unternehmen nutzen, von der Sonderregelung ausgeschlossen sind. Daher werden solche B2B-Geschäfte nun ebenfalls in die Sonderregelung einbezogen. Außerdem wird die Möglichkeit zur Bildung einer Gesamtmarge gestrichen. Während die erste Änderung am Tag nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft tritt, gilt die Abschaffung der Gesamtmarge erst für Umsätze nach dem 31. Dezember 2021.

  • Steuerbefreiung: Es wird eine Umsatzsteuerbefreiung eingeführt für sonstige Leistungen von selbständigen Personenzusammenschlüssen an ihre Mitglieder für unmittelbare Zwecke ihrer nicht steuerbaren oder steuerfreien Umsätze. Die an das jeweilige Mitglied erbrachte sonstige Leistung muss zur Ausführung der nicht steuerbaren oder steuerfreien Leistungen unmittelbar verwendet werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ärztliche Praxis- und Apparategemeinschaften Geräte zentral beschaffen und ihren Mitgliedern zur Verfügung stellen und Laboruntersuchungen oder weitere medizinische Leistungen für ihre Mitglieder ausführen. Tätigkeiten, die lediglich mittelbar der Ausführung von nicht steuerbaren oder steuerfreien Umsätzen der Mitglieder dienen (z. B. allgemeine Verwaltungsleistungen), fallen dagegen nicht unter die Befreiung, weil sie diese allenfalls fördern. Weiterhin setzt die Steuerbefreiung voraus, dass das Entgelt für die Leistung lediglich ein genauer Kostenersatz ist.

  • Fiskalvertreter: Ein im Ausland ansässiges Unternehmen kann sich im Inland durch einen Fiskalvertreter vertreten lassen, wenn es im Inland ausschließlich umsatzsteuerfreie Umsätze tätigt und keinen Vorsteuerabzug geltend machen kann. Gesetzlich sind Fiskalvertreter derzeit nur verpflichtet, eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung einzureichen. Künftig sind sie auch zur Abgabe vierteljährlicher Umsatzsteuer-Voranmeldungen und ggf. Zusammenfassender Meldungen verpflichtet.

  • Schachtelprivileg: Bisher unterscheidet das Gesetz beim gewerbesteuerlichen Schachtelprivileg zwischen Schachteldividenden von inländischen Gesellschaften, Gesellschaften in anderen EU-Staaten, die die Voraussetzungen der Mutter-Tochterrichtlinie der EU erfüllen, und ausländischen Kapitalgesellschaften, die Geschäftsleitung und Sitz außerhalb der EU haben. Dass Auslandsgesellschaften keiner Gewerbesteuer unterliegen und damit nicht in einer mit inländischen Kapitalgesellschaften vergleichbaren Position sind, hat der Europäische Gerichtshof nicht als Rechtfertigung für die Unterscheidung gelten lassen und diese als unionsrechtswidrig eingestuft. Künftig wird beim Schachtelprivileg daher nicht mehr nach dem Ort von Sitz und Geschäftsleitung der Gesellschaft unterschieden. Es wird dann nur einheitlich eine Beteiligung von mindestens 15 % zu Beginn des Veranlagungszeitraums gefordert. Die Änderung gilt ab 2020, für vorherige Zeiträume wurde die Nichtanwendung der höheren Anforderungen an ausländische Gesellschaften bereits im Januar in gleich lautenden Ländererlassen der Finanzverwaltung angeordnet.

  • Haftung der Organgesellschaft: Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs kann die Finanzverwaltung nach der bisherigen Gesetzesfassung bei mehrstufigen Organschaften nur unmittelbare Organgesellschaften für Steuerschulden des Organträgers in Haftung nehmen. Mit einer Neuregelung wird nun ab Verkündung des Gesetzes klargestellt, dass ein Haftungsbescheid auch gegenüber einer nachrangigen Organgesellschaft erlassen werden kann, die eine Steuerschuld wirtschaftlich verursacht hat oder bei der ein Haftungsanspruch durchsetzbar erscheint.

  • Alternative Wohnformen: Zur Förderung alternativer Wohnformen ("Wohnen für Hilfe" und vergleichbare Konzepte, bei denen die kostenfreie Gestellung von Wohnraum gegen Unterstützungsleistungen im Vordergrund steht) werden Sachleistungen des Wohnraumnehmers und des Wohnraumgebers ausdrücklich von der Einkommensteuer befreit. Das gilt allerdings nur, soweit nicht nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ein Dienstverhältnis vorliegt, denn dann muss der Wohnraumgeber grundsätzlich die steuerlichen Pflichten eines Arbeitgebers erfüllen. Außerdem greift die Steuerbefreiung nur, wenn sich die überlassene Unterkunft in der Wohnung des Wohnraumgebers befindet oder in einem räumlichen Zusammenhang mit dieser steht. Schließlich enthält die Änderung noch Regelungen für den Fall, dass Nebenkosten auf den Wohnraumnehmer umgelegt werden.

  • Share-Deals: Mit einer ganzen Reihe von Änderungen im Grunderwerbsteuerrecht werden Steuergestaltungen eingedämmt, bei denen die Grunderwerbsteuer durch die "Verpackung" der Immobilien in Gesellschaften und anschließender Übertragung der Gesellschaftsanteile eingespart werden soll (sog. Share-Deals). Dazu wird insbesondere die Beteiligungsgrenze, ab der eine Grunderwerbsteuerpflicht bei einer Anteilsübertragung greift, von 95 auf 90 % gesenkt sowie der Betrachtungszeitraum für Anteilsübertragungen (Haltefrist) von 5 auf 10 Jahre verlängert. Auf die Konzernklausel, die Umstrukturierungen bei der Grunderwerbsteuer begünstigt, wirken sich die Änderungen jedoch nicht aus. Zwar gelten die Änderungen erst für Anteilsübertragungen ab dem 1. Januar 2020, allerdings greift die verlängerte Haltefrist auch rückwirkend, wenn die fünfjährige Frist seit der letzten Anteilsübertragung dann noch nicht abgelaufen ist.

  • Optionsverfall: Nachdem der Bundesfinanzhof entschieden hatte, dass die Anschaffungskosten für Optionen steuerlich auch dann zu berücksichtigen sind, wenn die Option innerhalb der Optionsfrist nicht ausgeübt wurde (Optionsverfall), wird für ab dem 1. Januar 2020 abgeschlossene Termingeschäfte klargestellt, dass der Verfall von Optionen im Privatvermögen steuerlich nicht von Bedeutung ist. Termingeschäfte sollen künftig steuerlich nur noch dann berücksichtigt werden, wenn der Kapitalanleger durch die Beendigung des Rechts, insbesondere durch Ausübung des Optionsrechts, einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt.

  • Totalverlust: Der Bundesfinanzhof hat in den letzten Jahren verschiedene Formen des Totalverlusts einer Kapitalanlage als steuerlich abziehbaren Verlust anerkannt. Mit einer Ergänzung der gesetzlichen Regelung wird daher klargestellt, dass insbesondere der durch den Ausfall einer Kapitalforderung oder die Ausbuchung einer Aktie entstandene Verlust steuerlich keine Rolle spielt. Um eine Umgehung dieser Regelung zu vermeiden, ist künftig auch der Verkauf von wertlosen Wirtschaftsgütern steuerlich unbeachtlich.

  • Fondsetablierungskosten: Fondsetablierungskosten, die vom Anleger im Rahmen des Erwerbs eines Fondsanteils zu zahlen sind, gehören zu den Anschaffungskosten der vom Fonds erworbenen Wirtschaftsgüter und sind damit nicht sofort in voller Höhe als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig. Ein Fondsanleger gilt immer dann als Erwerber, wenn er keine wesentliche Einflussmöglichkeit auf das vom Anbieter (Fondsinitiator) vorgegebene Vertragswerk hat. Ein neuer Paragraph im Einkommensteuergesetz schreibt diese seit langem bestehende Rechtsauffassung rückwirkend im Gesetz fest, nachdem der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung in dieser Frage geändert hat.

  • Crowdlending: Die Abgeltungsteuer auf Zinsen soll künftig auch dann erhoben werden, wenn die Zinsen aus einer Forderung stammen, die über eine Internet-Plattform erworben wurde. Hintergrund für diese Änderung ist das Crowdlending, bei dem statt einer Bank viele Kleinanleger als Kreditgeber fungieren. Wird die Kapitalanlage über eine Internet-Plattform vermittelt, die auch die Zahlung der Kapitalerträge abwickelt, wird nach den geltenden Regelungen keine Kapitalertragsteuer einbehalten, obwohl der Plattformbetreiber über die notwendigen Informationen verfügt. Die Besteuerung der Kapitalerträge hängt daher derzeit allein davon ab, dass der Anleger diese in der Einkommensteuererklärung angibt. Zukünftig soll der Kapitalertragsteuerabzug in diesen Fällen daher vom inländischen Betreiber oder von der inländischen Zweigniederlassung des ausländischen Betreibers einer solchen Crowdlending-Plattform vorgenommen werden.

  • Investmentfonds: Verschiedene Änderungen im Investmentsteuergesetz sind in erster Linie Klarstellungen zum Status eines Investmentfonds. Damit sollen sowohl Rechtsunsicherheiten ausgeräumt als auch Steuergestaltungsmöglichkeiten aufgrund unklarer Formulierungen beseitigt werden. Außerdem wird der Zeitpunkt des Zuflusses ausschüttungsgleicher Erträge eines Spezial-Investmentfonds vom Geschäftsjahresende auf den Verkaufszeitpunkt verschoben. Das soll vermeiden, dass der Fonds bei einem Verkauf aller Anteile während des Geschäftsjahrs die Kapitalertragsteuer nachträglich beim Anleger einfordern muss.

  • Umsatzsteuerhinterziehung: Sofern ein Unternehmer wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seiner Leistung oder seinem Leistungsbezug an einem Umsatz beteiligt, der von einem anderen Beteiligten auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe in eine Umsatzsteuerhinterziehung oder in die Erlangung eines nicht gerechtfertigten Vorsteuerabzugs einbezogen war, kann das Finanzamt ihm den Vorsteuerabzug oder die Steuerbefreiung für diesen Umsatz verweigern.

  • Betriebsausgabenabzugsverbot: Für alle ab 2019 von anderen EU-Staaten festgesetzte Geldbußen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen sowie für auf Hinterziehungszinsen anzurechnende Nachzahlungszinsen, die ab 2019 festgesetzt werden, wird ein Betriebsausgabenabzugsverbot eingeführt.

  • Verwaltungsautomatisierung: Die Abgabenordnung ermöglicht bislang lediglich den vollständig automationsgestützten Erlass von Steuerbescheiden und gleichgestellten Bescheiden. Daher wird nun die nach der Datenschutz-Grundverordnung notwendige gesetzliche Grundlage geschaffen, um auch bestimmte andere Verwaltungsakte vollständig automationsgestützt zu veranlassen. Das betrifft die Gewährung einer Fristverlängerung in bestimmten Fällen, die Festsetzung eines dem Grunde und der Höhe nach vom Gesetz vorgegebenen Verspätungszuschlags sowie die Anforderung von Säumniszuschlägen, die nicht mit den Hauptsteuern beigetrieben werden.

  • Arbeitnehmerüberlassung: Derzeit besteht bei einer grenzüberschreitenden Arbeitnehmerüberlassung eine Lohnsteuerabzugsverpflichtung des in Deutschland ansässigen aufnehmenden Unternehmens nur dann, wenn es die Lohnkosten tatsächlich wirtschaftlich trägt, also wenn das ausländische Unternehmen vom inländischen Unternehmen einen finanziellen Ausgleich für die Arbeitnehmerüberlassung beansprucht und erhält. Vom Gesetzestext werden dagegen derzeit nicht ausdrücklich die Fälle erfasst, in denen ein verbundenes ausländisches Unternehmen (oft die Muttergesellschaft) auf einen finanziellen Ausgleichanspruch gegenüber dem inländischen Unternehmer verzichtet, obwohl unter Fremden üblicherweise ein Ausgleich beansprucht worden wäre. Das ermöglicht internationalen Konzernen die Umgehung der Lohnsteuerabzugsverpflichtung für die nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer. Eine Änderung schließt nun diese Lücke im Gesetz, indem die Lohnsteuerabzugsverpflichtung auch dann greift, wenn unter Fremden ein Ausgleich vereinbart worden wäre (Fremdvergleichsgrundsatz).

  • Beschränkt Steuerpflichtige: Mehrere Änderungen dienen dazu, auch beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer in das Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale sowie den betrieblichen Lohnsteuer-Jahresausgleich einzubeziehen. Weil beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer in der Regel in Deutschland nicht meldepflichtig sind, kann die für das Lohnsteuerabzugsverfahren erforderliche Zuteilung einer steuerlichen Identifikationsnummer nicht durch die Gemeinde angestoßen werden. Deshalb muss der Arbeitnehmer selbst die Zuteilung beim Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers beantragen. Um Probleme bei der Antragstellung, Verständigung, Postzustellung und Weitergabe der Identifikationsnummer bei den oft befristeten Dienstverhältnissen ausländischer Arbeitnehmer zu vermeiden, kann der Arbeitnehmer auch seinen Arbeitgeber bevollmächtigen, die Zuteilung einer Identifikationsnummer zu beantragen. In diesem Fall wird die Finanzverwaltung das Mitteilungsschreiben an den Arbeitgeber senden. Mit der Zuteilung der Identifikationsnummer kann der Arbeitnehmer dann wie jeder voll steuerpflichtige Arbeitnehmer auch ganz normal in den betrieblichen Lohnsteuer-Jahresausgleich einbezogen werden.

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Jahresabschluss und Steuererklärungen für 2018

Einige Änderungen im Steuerrecht aus dem letzten Jahr machen sich erstmals beim Jahresabschluss oder der Steuererklärung für 2018 richtig bemerkbar. Neben Änderungen bei den Abgabefristen und bei Verspätungszuschlägen betrifft das auch die Bwertung geringwertiger Wirtschaftsgüter und Kapitalerträge aus Fondsanteilen.

  • Geringwertige Wirtschaftsgüter: Die Wertgrenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter wurde 2018 fast verdoppelt auf 800 Euro. Auch die Wertgrenze für die Bildung eines Sammelpostens wurde angehoben. Wer von der Sammelpostenregelung Gebrauch macht, kann in der Bilanz 2018 nun Wirtschaftsgüter bis zu einem Wert von 250 Euro statt bisher 150 Euro sofort voll abschreiben.

  • Investmentsteuerreform: Mit der Investmentsteuerreform haben sich ab 2018 die Regeln für die Besteuerung von Erträgen aus Investmentfonds geändert. Die Reform sieht bei der Besteuerung der Erträge aus Fondsanteilen im Betriebsvermögen eine rechtsformabhängige Freistellung vor und vereinfacht radikal die Angabe der Erträge in der Steuererklärung für Privatanleger. Weil bei einer ertragsteuerlichen Organschaft neben Kapitalgesellschaften auch natürliche Personen Organträger sein können, werden ab 2019 die Fondserträge nicht bei der Organgesellschaft, sondern erst auf Ebene des Organträgers berücksichtigt.

  • Abgabefristen: Die Fristen für die Steuererklärungen der Jahre ab 2018 werden um zwei Monate verlängert. Ohne Steuerberater sind die Erklärungen damit in diesem Jahr erstmals zum 31. Juli fällig, auch wenn mehrere Bundesländer schon in den vergangenen Jahren teilweise oder vollständig die verlängerte Abgabefrist angewandt haben. Für die vom Steuerberater erstellten Steuererklärungen bleiben jetzt sogar 14 Monate Zeit, sofern das Finanzamt die Erklärung nicht extra vorab anfordert.

  • Verspätungszuschlag: Verbunden mit den verlängerten Abgabefristen sind neue Regeln für den Verspätungszuschlag für die Steuererklärungen der Jahre ab 2018. Nun muss das Finanzamt zwingend einen Verspätungszuschlag festsetzen, wenn keine Fristverlängerung beantragt wurde und die Steuererklärung nicht 14 Monate nach Ablauf des Veranlagungszeitraums oder Besteuerungszeitpunkts beim Finanzamt ist. Für jeden angefangenen Monat der Verspätung sind dann 0,25 % der festgesetzten Steuer, mindestens aber 25 Euro fällig.

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Vorbereitung auf den harten Brexit

Seit beinahe zwei Jahren verhandeln Großbritannien und die EU über ein Austrittsabkommen. Das wichtigste Ziel haben die Briten bereits verfehlt: Den Unternehmen frühzeitig verlässliche Rahmenbedingungen für ihre Planung zu schaffen. Nun bleiben nur noch wenige Wochen, bis am 29. März 2019 für das Vereinigte Königreich die zweijährige Frist endet, die der EU-Vertrag für den Austrittsprozess vorsieht, und inzwischen deuten alle Anzeichen auf einen harten Brexit ohne Austrittsabkommen hin.

Dass es so weit kommen konnte, ist der britischen Innenpolitik zu verdanken. Während die EU mit der mühsam ausgehandelten Vereinbarung leben kann, findet sich im britischen Parlament für keine der denkbaren Brexit-Varianten eine belastbare Mehrheit. Zwar sind die Abgeordneten beider großen britischen Parteien jeweils mehrheitlich für einen Verbleib in der EU oder zumindest einen geordneten Austritt, doch die beiden Parteianführer Theresa May und Jeremy Corbyn sind weder als große EU-Freunde noch für eine gedeihliche Zusammenarbeit bekannt.

Das Ringen um ein Austrittsabkommen ist daher im Vereinigten Königreich längst zu einem Ringen um die Regierungsmacht geworden, bei dem derjenige verliert, der zuerst nachgibt. Diese unkonstruktive Haltung spielt der radikalen Minderheit in die Hände, die auf einen harten Bruch mit der EU setzt, also einen Brexit ganz ohne Austrittsabkommen. Um Ende März einen harten Brexit samt dem damit verbundenen Chaos zu vermeiden, bleiben fünf Auswege, die aber aus unterschiedlichen Gründen wenig wahrscheinlich sind:

  • Fristverlängerung: Die EU kann einstimmig beschließen, den zweijährigen Austrittszeitraum zu verlängern. Dem sind die EU-Staaten zwar nicht grundsätzlich abgeneigt, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass damit eine Änderung am Status quo erreichbar wäre - was momentan nicht absehbar ist. Eine problemlose Verlängerung wäre zudem nur um wenige Wochen möglich, denn im Mai steht die nächste Europawahl an. An dieser müssten auch die Briten teilnehmen, wenn sie zu diesem Zeitpunkt noch Mitglied in der EU sind, da andernfalls dem nächsten EU-Parlament die demokratische Legitimation fehlen würde, was sich die EU auf keinen Fall leisten kann. Es ist inzwischen aber zu spät, um die Wahl in Großbritannien noch rechtzeitig zu organisieren - vom politischen Widerstand ganz abgesehen.

  • Rückzug: Im Dezember hat der Europäische Gerichtshof einen weiteren Ausweg aus dem Brexit-Dilemma eröffnet, indem er festgestellt hat, dass die Briten ihren Austrittsantrag auch einseitig wieder zurückziehen können, ohne dass dem die anderen EU-Staaten zustimmen müssten. Theoretisch könnten die Briten somit auch einen Rücktritt vom Austritt erklären und anschließend erneut den Austrittsprozess in Gang setzen, um die zweijährige Austrittsfrist erneut zu starten. Was nach einer eleganten Lösung für die ablaufende Frist oder zumindest einem trickreichen politischen Manöver aussieht, ist trotzdem wenig wahrscheinlich. Die Rücknahme des Austritts müsste nämlich die britische Regierung unter Premierministerin Theresa May anstoßen. Das käme einer innenpolitischen Bankrotterklärung gleich.

  • Zweites Referendum: Immer wieder wird in der Presse ein neues Referendum über den Brexit zur Sprache gebracht. In Großbritannien gibt es viele Befürworter für dieses Szenario. Die Hoffnung dabei ist, dass die Mehrheitsverhältnisse diesmal deutlich zu Gunsten der EU ausfallen würden. Das Problem an einem neuen Referendum ist aber, dass dessen Organisation aufgrund der gesetzlichen Vorgaben im Vereinigten Königreich mindestens fünf Monate in Anspruch nehmen würde. Ein zweites Referendum vor dem Brexit am 29. März 2019 ist somit ausgeschlossen. Die Briten würden also in jedem Fall die EU verlassen und müssten nach einem neuen Referendum die Mitgliedschaft neu beantragen - ein sehr unwahrscheinliches Szenario.

  • Nachgeben der EU: Die EU könnte den Briten bei ihren wichtigsten Anliegen, insbesondere dem Backstop, entgegenkommen. Von dieser Fundamentalforderung abzuweichen, wäre für die EU aber der Anfang vom Ende, weil sie damit die Interessen eines wichtigen Mitgliedsstaats den Interessen eines künftigen Nichtmitglieds opfern und die EU-kritischen Kräfte in allen EU-Staaten stärken würde. Grundlegende Änderungen am ausgehandelten Abkommen sind von EU-Seite daher nicht zu erwarten - allenfalls weitere gesichtswahrende Absichtserklärungen.

  • Nachgeben der Briten: Wird die Austrittsvereinbarung vom britischen Parlament doch noch angenommen, wären die Briten für eine Übergangsphase trotz ihres Ausscheidens aus der EU weiter wie ein EU-Mitglied gestellt, sodass sich am 29. März 2019 für Bürger und Unternehmen vorerst wenig ändern würde. In dieser Übergangsphase könnten beide Seiten weitere Details für die fernere Zukunft aushandeln. Von allen Auswegen aus dem festgefahrenen Brexit-Dilemma ist dies das wahrscheinlichste Szenario, aber dazu müssten die politischen Kräfte im Vereinigten Königreich doch noch zueinander finden. Ob der Leidensdruck wenige Tage vor dem Brexit dafür ausreichen wird, ist noch nicht absehbar.

Wer immer noch auf einen geregelten Austritt der Briten aus der EU gehofft und auch nur indirekt Geschäftsbeziehungen zum Vereinigten Königreich hat, muss sich nun schleunigst auf das Szenario eines harten Brexits vorbereiten. Die wichtigsten Punkte haben wir für Sie in der "Brexit-Checkliste für Firmen" zusammengestellt.

Die deutsche Politik geht in der Brexit-Vorbereitung zwar nicht gerade als leuchtendes Beispiel voran, tut aber doch zumindest einiges, um den Brexit für die Wirtschaft und die Bürger so schmerzlos wie möglich zu machen. Viele notwendige Gesetzesänderungen sind erst in den letzten Wochen verabschiedet worden oder nach wie vor in Arbeit. Vor allem das Brexit-Steuerbegleitgesetz soll noch ergänzt werden, auch wenn für die Verabschiedung durch Bundestag und Bundesrat nur noch wenige Wochen Zeit bleiben.

Bei der Beratung des Gesetzentwurfs im Finanzausschuss des Bundestags am 13. Februar 2019 wurden fehlende Regelungen in mehreren Bereichen bemängelt. Ergänzungen des Entwurfs seien etwa im Bereich Erbschaftsteuer und Riester-Rente notwendig. Auch Regelungen zur Umsatzsteuer fehlen in dem Entwurf. Schließlich müsse geklärt werden, wie Gesellschaften nach britischem Recht künftig steuerlich behandelt werden sollen. In rechtlicher Hinsicht ist für diese Gesellschaften immerhin bereits eine Ergänzung im Umwandlungsrecht vorgenommen worden.

Kurz nach der Jahrtausendwende führte die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs dazu, dass sich deutsche Unternehmen auch der Gesellschaftsformen anderer EU-Staaten bedienen durften. Einige Jahre lang erfreute sich deshalb vor allem die britische Limited reger Beliebtheit bei Existenzgründern in Deutschland, bis die Einführung der UG als "Mini-GmbH" auch eine deutsche Rechtsform für eine haftungsbeschränkte Kapitalgesellschaft mit minimalem Stammkapital schuf.

In Deutschland sind nach Informationen der Bundesregierung derzeit noch etwa 8.000 bis 10.000 Unternehmen in der Rechtsform einer Limited tätig. Mit einem ungeregelten Brexit können in Deutschland ansässige Gesellschaften in einer britischen Rechtsform allerdings nicht mehr von der Niederlassungsfreiheit Gebrauch machen und werden in Deutschland nicht mehr als rechtsfähige Gesellschaften ausländischen Rechts anerkannt.

Das Bundesjustizministerium geht aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs derzeit davon aus, dass die betreffenden Gesellschaften dann als eine der deutschen Auffangrechtsformen behandelt werden, also als offene Handelsgesellschaft (OHG) oder als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Eine Ein-Personen-Limited wird voraussichtlich als Einzelkaufmann behandelt. Das kann für die Gesellschafter gravierende Folgen haben. Ihnen droht im Ernstfall eine persönliche Haftung mit ihrem Privatvermögen auch für Altschulden der Gesellschaft. Diese Folge eines Brexits können die betroffenen Unternehmen mit einer Umwandlung in eine deutsche Rechtsform vermeiden.

Um dies zu erleichtern, haben Bundestag und Bundesrat kurz vor dem Jahreswechsel eine Änderung des Umwandlungsgesetzes beschlossen, die am 1. Januar 2019 in Kraft getreten ist. Das Gesetz schafft neben der bereits bestehenden Möglichkeit der geordneten Umwandlung einer Limited in eine deutsche Kapitalgesellschaft (GmbH) zusätzlich die Möglichkeit der Verschmelzung auf eine Personenhandelsgesellschaft, zum Beispiel eine GmbH & Co. KG oder eine UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG. Letztere bietet den Vorteil, dass in der verbleibenden kurzen Zeit bis zum Brexit nicht das Mindestkapital von 25.000 Euro aufgebracht werden muss, das für eine GmbH-Gründung erforderlich ist.

Darüber hinaus enthält das Gesetz eine Übergangsvorschrift für alle zum Zeitpunkt des Brexits bereits begonnenen grenzüberschreitenden Verschmelzungsvorgänge in eine Rechtsform deutschen Rechts. Es reicht aus, wenn die Gesellschafter den Verschmelzungsplan rechtzeitig vor Wirksamwerden des Brexits notariell beurkunden lassen. Die übrigen Schritte des mehraktigen Verschmelzungsverfahrens können noch danach durchgeführt werden. Der Vollzug durch das Handelsregister muss spätestens nach zwei Jahren beantragt werden.

Die Übergangsvorschrift gilt sowohl im Fall eines harten Brexits im März als auch im Fall eines Austrittsabkommens zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich. Kommt es zu einem Austrittsabkommen mit Übergangszeitraum, verlängert sich entsprechend die Frist für eine rechtzeitige notarielle Beurkundung des Verschmelzungsplans bis zum Ablauf des im Abkommen geregelten Übergangszeitraums.

Weitere Informationen und Angebote zum Brexit gibt es von der Bundesregierung und anderen öffentlichen Institutionen:

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