Umsatzsteuer

Überblick der Änderungen für 2022

Die ganz überwiegende Mehrzahl der Änderungen im Steuer- und Sozialversicherungsrecht tritt jeweils zum Jahreswechsel in Kraft. Entsprechend umfangreich ist in der Regel die Liste der Änderungen im neuen Jahr. Weil im vergangenen Herbst aber die Bundestagswahl anstand und die Bundesregierung ohnehin mit dem Management der Corona-Krise stark ausgelastet ist, gab es im letzten Jahr kein Jahressteuergesetz, in dem meist der Großteil dieser Änderungen gebündelt ist.

Das bedeutet natürlich nicht, dass sich zum Jahreswechsel nichts geändert hat, denn viele Änderungsgesetze aus den Vorjahren enthalten auch Regelungen, die erst 2022 in Kraft treten. Dazu gibt es Sonderregelungen aufgrund der Corona-Krise, die zum Jahreswechsel ausgelaufen sind oder erst noch verlängert werden müssen. Und schließlich hat die neue Regierungskoalition auch viele Pläne geschmiedet, die teilweise schon in diesem Jahr in Kraft treten sollen, auch wenn es dazu noch gar kein entsprechendes Steueränderungsgesetz gibt. Hier ist daher der jährliche Überblick über die wichtigsten Änderungen zum Jahreswechsel:

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Sonderfälle bei der Abrechnung mittels Gutschrift

Eine Rechnung kann auch durch den Leistungsempfänger ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart worden ist. Dies wird umsatzsteuerlich als Gutschrift bezeichnet. Ein Urteil des Bundesfinanzhofs zu dieser Form der Rechnungstellung hat das Bundesfinanzministerium zum Anlass genommen, auf die umsatzsteuerlichen Folgen in bestimmten Sonderfällen einzugehen. Diese Erläuterungen sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden.

  • Nichtunternehmer: Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs steht eine Gutschrift an einen Nichtunternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes einer Rechnung nicht gleich. Dieses Abrechnungsdokument löst daher beim Gutschriftempfänger keine Umsatzsteuerschuld aus einem unberechtigten Steuerausweis aus. Umgekehrt kann der Gutschriftaussteller aus diesem Abrechnungsdokument auch keinen Vorsteuerabzug geltend machen, da die gesetzlichen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nicht vorliegen, wenn die abgerechnete Leistung nicht von einem Unternehmer ausgeführt worden ist.

  • Nicht erbrachte Leistung: Wird eine Gutschrift zwischen zwei Unternehmern über eine nicht erbrachte Leistung ausgestellt, dann steht dieses Abrechnungsdokument einer Rechnung gleich und kann eine Steuerschuld aufgrund eines unrichtigen Umsatzsteuerausweises auslösen. Hier greift das Urteil des Bundesfinanzhofs also nicht. Ein Vorsteuerabzug aus einem solchen Abrechnungsdokument ist übrigens trotzdem nicht möglich, weil auch in diesem Fall die gesetzlichen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nicht vorliegen.

  • Widerspruch: Durch einen wirksamen Widerspruch des Gutschriftempfängers gegen eine ihm erteilte Gutschrift liegt ab dem Besteuerungszeitraum des wirksamen Widerspruchs kein Rechnungsdokument mehr vor. Dem Gutschriftaussteller liegt somit ab diesem Zeitpunkt keine Rechnung mehr vor, sodass kein Vorsteuerabzug mehr möglich ist. Allerdings führt alleine ein wirksamer Widerspruch gegen eine Gutschrift aufgrund der unterschiedlichen Rechnungsbegriffe in den verschiedenen Paragraphen des Umsatzsteuergesetzes nicht zur Beseitigung der Steuergefährdung. Auch nach dem Widerspruch schuldet der Gutschriftempfänger dem Finanzamt daher weiterhin die ausgewiesene Umsatzsteuer, bis die Steuergefährdung durch die Rückgängigmachung des Vorsteuerabzugs beim Gutschriftaussteller beseitigt worden ist.

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Steuerliche Maßnahmen zur Flutkatastrophe

Auf die verheerenden Überflutungen in mehreren Regionen Deutschlands haben Bund und Länder mit den bereits von früheren Katastrophen bekannten steuerlichen Maßnahmen reagiert, die sowohl den Betroffenen als auch den Helfern viele Dinge erleichtern können. Zusätzlich gibt es eine Reihe von Billigkeitsmaßnahmen im Umsatzsteuerrecht, die vor allem Sachspenden und Unterstützungsleistungen an die Betroffenen begünstigen.

  • Zahlungserleichterungen: Betroffene können bis zum 31. Oktober 2021 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Stundung der bis zu diesem Zeitpunkt bereits fälligen oder fällig werdenden Steuern stellen. Die Stundung ist dann längstens bis zum 31. Januar 2022 möglich. Auch auf Vollstreckungsmaßnahmen und Säumniszuschläge verzichtet das Finanzamt in diesem Zeitraum bei den Betroffenen. Daneben sind Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen möglich.

  • Sondervorauszahlung: Betroffene Unternehmen können durch eine Herabsetzung der Umsatzsteuersondervorauszahlung 2021 eine gewisse Liquidität erhalten. Die Dauerfristverlängerung bleibt trotz der Herabsetzung bestehen.

  • Unternehmer, Land- & Forstwirte: Für Gewerbetreibende, Freiberufler und Land- und Forstwirte gibt es viele Erleichterungen durch Regelungen zu Sonderabschreibungen, der Bildung von Rücklagen und Möglichkeiten zum sofortigen Betriebsausgabenabzug. Die Details hängen von der Art des Betriebs ab und sind am besten individuell zu klären. Auch wenn durch die Flut Buchhaltungsunterlagen verloren gegangen sind, ergeben sich daraus keine nachteiligen Folgen für den betroffenen Betrieb.

  • Spenden: Steuerzahler müssen zum Nachweis von Spenden bis zum 31. Oktober 2021 auf ein Sonderkonto einer gemeinnützigen Organisation dem Finanzamt keine Spendenbescheinigung vorlegen. Unabhängig vom Betrag genügt der Einzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung der Bank als Nachweis.

  • Gemeinnützige Organisationen: Mittel, die gemeinnützige Vereine und Stiftungen im Rahmen einer Spendensonderaktion sammeln sowie nicht zur Verwirklichung ihrer eigenen satzungsmäßigen Zwecke benötigte Mittel können sie ohne Gefährdung der eigenen steuerlichen Anerkennung für die Unterstützung der Geschädigten verwenden, auch wenn dies in der Satzung nicht vorgesehen ist. Dies gilt sowohl für die unmittelbare Unterstützung durch die Organisation selbst als auch bei einer Weiterleitung an andere steuerbegünstigte Organisationen zur Verwendung für die Unterstützung geschädigter Personen. Für die Prüfung der wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit gelten geringere Nachweispflichten. Beispielsweise wird bei Hilfen bis zu 5.000 Euro die wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit einer geschädigten Person einfach unterstellt. Unterstützungsleistungen zugunsten geschädigter Unternehmer sind allerdings ausgeschlossen, soweit sie den betrieblichen Schaden betreffen.

  • Arbeitnehmer: Der Arbeitgeber kann seinen Beschäftigten eine Hilfszahlung zur Unterstützung in einer Notlage bis zu einem Betrag von 600 Euro je Kalenderjahr steuerfrei gewähren. Auch der 600 Euro übersteigende Betrag gehört nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn unter Berücksichtigung der Einkommens- und Familienverhältnisse ein besonderer Notfall vorliegt. Davon kann bei den Opfern der Flutkatastrophe ausgegangen werden. Die Regelung gilt auch für sonst steuerpflichtige Zinsvorteile oder Zinszuschüsse. Bei Darlehen, die zur Beseitigung von Schäden aufgenommen werden, gilt das für die gesamte Laufzeit des Darlehens. Voraussetzung ist, dass das Darlehen die Schadenshöhe nicht übersteigt. Ebenfalls bis Ende Oktober 2021 steuerfrei sind die erstmals nach der Hochwasser-Katastrophe gewährten Sachzuwendungen in Form der unentgeltlichen Überlassung eines Pkw, einer Wohnung oder Unterkunft oder von Verpflegung an den Arbeitnehmer und dessen Angehörige sowie sonstige Sachzuwendungen aus einer Nutzungsüberlassung, um die Flutschäden abzumildern. Die Steuerbefreiung der Geld- und Sachleistungen gilt bis zur Höhe des Schadens.

  • Arbeitslohnspenden: Arbeitnehmer können von vornherein auf einen Teil des Arbeitslohns verzichten. Darauf wird dann keine Lohnsteuer erhoben und der Betrag wird vom Unternehmen unmittelbar an betroffene Arbeitnehmer als Beihilfe ausgezahlt oder gespendet. Wegen der Lohnsteuerersparnis gibt es für die Arbeitslohnspende allerdings keine Spendenbescheinigung.

  • Unternehmerhilfen: Unterstützungsleistungen von Unternehmen für die Betroffenen der Hochwasserflut, z.B. das Bereitstellen von Räumfahrzeugen und Personal für Aufräumarbeiten, können als Betriebsausgaben abgezogen werden. Das gilt auch für Unterstützungsleistungen an geschädigte Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartner zur Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen. Außerdem fällt für die Verwendung betrieblicher Wirtschaftsgüter sowie die Erbringung sonstiger Leistungen (Personalgestellung) zu Hilfszwecken umsatzsteuerlich bis zum 31. Oktober 2021 keine unentgeltliche Wertabgabe an.

  • Wohnraumüberlassung: Wenn private Unternehmen Unterkünfte, die für eine umsatzsteuerpflichtige Verwendung vorgesehen waren (Hotelzimmer, Ferienwohnungen o.ä.), unentgeltlich Personen zur Verfügung stellen, die durch die Flut obdachlos geworden oder als Helfer in den Krisengebieten tätig sind, ist bis zum 31. Dezember 2021 keine unentgeltliche Wertabgabe zu versteuern und keine Vorsteuerkorrektur nötig. Beabsichtigen die Unternehmer bei Bezug von Strom, Wasser etc. eine unentgeltliche Beherbergung von Flutopfern oder Helfern, wird für den gleichen Zeitraum trotzdem der Vorsteuerabzug gewährt. Die folgende unentgeltliche Wertabgabe wird nicht besteuert.

  • Sachspenden: Bei Sachspenden für die Betroffenen aus dem Betriebsvermögen fällt im Zeitraum vom 15. Juli bis 31. Oktober 2021 keine Umsatzsteuer an, wenn es sich um Lebensmittel, Tierfutter, für den täglichen Bedarf notwendige Güter (Kleidung, Geschirr, Hygieneartikel, Reinigungsmittel etc.) oder um zur unmittelbaren Bewältigung der Flutfolgen sachdienliche Wirtschaftsgüter (z.B. Pumpen, Werkzeug, Maschinen) handelt. Beabsichtigen Unternehmer bereits bei Bezug oder Herstellung der gespendeten Waren eine entsprechende Sachspende, wird unter den gleichen Bedingungen der Vorsteuerabzug gewährt.

Unterdessen haben der Bund und die betroffenen Länder auch ein Hilfsprogramm mit Soforthilfen in Höhe von 400 Millionen Euro für die besonders betroffenen Regionen aufgelegt. Für das dafür nötige Bundesgesetz soll der Bundestag im August eigens zu einer Sondersitzung in der Sommerpause zusammenkommen.

Parallel dazu hat die Bundesregierung bereits eine Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für unwettergeschädigte Unternehmen angestoßen. Auch diese Regelung dürfte bei der Sondersitzung des Bundestages verabschiedet werden. Geplant ist, die Insolvenzantragspflicht für betroffene Unternehmen rückwirkend vom 10. Juli 2021 bis zum 31. Oktober 2021 auszusetzen. Außerdem sieht der Entwurf eine Verordnungsermächtigung für das Bundesjustizministerium vor, mit der die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht längstens bis zum 31. März 2022 verlängert werden kann.

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