Steuerverwaltung und Steuerprüfungen

Steueränderungsgesetz 2015 beschlossen

Das Zollkodexanpassungsgesetz konnte Anfang des Jahres nur in Kraft treten, weil die Bundesregierung den Ländern versprach, ihre lange Liste an Änderungswünschen in einem separaten Gesetz in diesem Jahr umzusetzen. Schon im Februar hat das Bundesfinanzministerium den ersten Entwurf für dieses »Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften« vorgelegt. Der Inhalt des Gesetzes ist ähnlich sperrig wie sein ursprünglicher Name und erfüllt dabei noch nicht einmal alle Wünsche des Bundesrats.

Am unaussprechlichen Namen immerhin hat sich etwas getan - inzwischen heißt das Gesetz nämlich kurz und prägnant »Steueränderungsgesetz 2015«. Bundestag und Bundesrat haben im September und Oktober dem Gesetz zugestimmt, und mit der Verkündung am 5. November 2015 ist das Gesetz zum 6. November 2015 in Kraft getreten. Anders als der Name ist der Umfang des Gesetzes im Lauf der parlamentarischen Beratung noch weiter gewachsen. Das Gesetz enthält inzwischen so viele Änderungen, dass hier nur die wesentlichen Änderungen für Betriebe zusammengefasst sind, die übrigens teils rückwirkend, teils ab Verkündung des Gesetzes und teils erst ab 2016 gelten werden.

  • Investitionsabzugsbetrag: Mit dem Investitionsabzugsbetrag können kleinere Unternehmen das Abschreibungsvolumen für eine geplante Investition vorziehen. Bisher war dafür aber bei der Beantragung unter anderem die Angabe der Funktion des Wirtschaftsguts notwendig, das angeschafft oder hergestellt werden sollte. In der Praxis hat das regelmäßig zu Problemen geführt, wenn dem Finanzamt die Angabe zu ungenau war oder das später angeschaffte Wirtschaftsgut nach Ansicht des Finanzamts nicht zu der Funktionsangabe passte. Daher wird diese Vorgabe für nach dem 31. Dezember 2015 endende Wirtschaftsjahre ersatzlos gestrichen. Abzugsbeträge können dann bis zu einem Höchstbetrag von 200.000 Euro ohne weitere Angaben in Anspruch genommen werden. Im Gegenzug müssen der Abzugsbetrag sowie die sonstigen Meldungen nach einem standardisierten Verfahren elektronisch übermittelt werden.

  • Reinvestitionsrücklage: Unternehmer können bei bestimmten Wirtschaftsgütern stille Reserven steuerfrei von verkauften auf neu angeschaffte Wirtschaftsgüter übertragen und dazu vorübergehend eine gewinnmindernde Reinvestitionsrücklage bilden. Voraussetzung ist, dass die angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte gehören. Diesen Inlandsbezug hat der Europäische Gerichtshof im Frühjahr als Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit beurteilt. Daher wird nun rückwirkend eine Regelung ins Gesetz eingefügt, nach der die Steuer auf den Veräußerungsgewinn bei einer Reinvestition im EU/EWR-Raum auf fünf Jahre verteilt werden kann.

  • Konzernklausel: Die Übertragung von Gesellschaftsanteilen führt normalerweise ab einem bestimmten Umfang zum Untergang des verbleibenden Verlustvortrags. Damit Umstrukturierungen innerhalb eines Konzerns nicht unnötig erschwert werden, gibt es von dieser Verlustabzugsbeschränkung aber eine Ausnahme, wenn die Übertragung vollständig innerhalb des Konzerns stattfindet. Diese Konzernklausel wird nun rückwirkend zum 1. Januar 2010 erweitert auf Konstellationen, die von der bisherigen Formulierung noch nicht abgedeckt waren. Unter anderem werden nun Personenhandelsgesellschaften als Konzernträger zugelassen.

  • Einbringungstatbestände: Rückwirkend zum 1. Januar 2015 werden verschiedene Steuergestaltungen im Zusammenhang mit Einbringungen ausgehebelt. Eine steuerneutrale Umstrukturierung ohne Aufdeckung von stillen Reserven ist dann nur noch möglich, wenn die zusätzlich zu neuen Gesellschaftsanteilen gewährten sonstigen Gegenleistungen nicht mehr als 25 % des Buchwerts der eingebrachten Wirtschaftsgüter oder nicht mehr als 500.000 Euro ausmachen. Über diesen Grenzen kommt es zu einer anteiligen Aufdeckung der stillen Reserven.

  • Unrichtiger Steuerausweis: Die bisherige Regelung zur Umsatzsteuerentstehung bei unrichtigem Steuerausweis hält der Bundesfinanzhof für nicht mit EU-Recht vereinbar. Daher soll künftig allein der Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung für die Steuerentstehung maßgeblich sein.

  • Bauleistungen: Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs sind Betriebsvorrichtungen keine Bauwerke. Das hätte in vielen Fällen zum Ausschluss der Umkehr der Steuerschuldnerschaft oder zu Abgrenzungsschwierigkeiten geführt. Um den bisherigen Umfang der Steuerschuldverlagerung bei bauwerksbezogenen Leistungen in Bezug auf Betriebsvorrichtungen weitestgehend beizubehalten, steht jetzt im Gesetz, dass auch Sachen, Ausstattungsgegenstände und Maschinen, die auf Dauer in einem Gebäude oder Bauwerk installiert sind und die nicht bewegt werden können, ohne das Gebäude oder Bauwerk zu zerstören oder zu verändern, als Bauwerke zählen.

  • Lieferungen an Behörden: Schon bisher sieht der Umsatzsteuer-Anwendungserlass vor, dass bestimmte Lieferungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts von der Umkehr der Steuerschuldnerschaft ausgenommen sind. Diese Regelung wird nun auf Metalllieferungen sowie Lieferungen von Handys und Tablet-Computern ausgedehnt und im Gesetz verankert.

  • Elektrofahrzeuge: Zur Privatnutzung von betrieblichen Elektro-oder Hybridfahrzeugen gibt es eine Klarstellung, die einer nicht gewollten Auslegung der Vorschrift vorbeugen soll. Bei Anwendung der Fahrtenbuchmethode ist zur Ermittlung des Entnahmewerts für die Privatnutzung die anteilige AfA um die pauschale Minderung für das Batteriesystem zu reduzieren, sofern das Batteriesystem nicht gemietet wurde.

  • Ersatzbemessungsgrundlage: Im Sommer hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Regelung über die Ersatzbemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer mit dem Gleichheitssatz unvereinbar und damit verfassungswidrig ist. Daher wird die Ersatzbemessungsgrundlage nun nach einer anderen Bewertungsvorschrift ermittelt, die zu wirklichkeitsnäheren Ergebnissen kommt. Die Änderung gilt nach der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts rückwirkend für alle noch offenen Erwerbsvorgänge ab dem 1. Januar 2009.

  • Inlandsbegriff: Der ertragsteuerliche Inlandsbegriff wird ausgeweitet auf sämtliche aus dem UN-Seerechtsübereinkommen ableitbare Besteuerungsrechte. Damit werden neben der Off-Shore-Energieerzeugung nun auch die gewerbliche Fischzucht, die Ausbeutung von Bodenschätzen und andere gewerbliche Aktivitäten im Deutschland zustehenden Bereich der Hochsee von der unbeschränkten Steuerpflicht erfasst.

  • Sonstige Änderungen: Das Gesetz enthält noch eine ganze Reihe weiterer Änderungen, die von redaktionellen Anpassungen bis zu umfassenden Änderungen für spezielle Konstellationen reichen. So wird - verbunden mit weiteren Änderungen für Unterstützungskassen - das Teileinkünfteverfahren für Gewinnanteile aus Unterstützungskassen ausgeschlossen. Neben Betreuungsleistungen sind nun auch niedrigschwellige Entlastungsleistungen umsatzsteuerfrei. Außerdem wird die Umsatzbesteuerung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts weitgehend neu geregelt. Bei der immer noch nicht eingeführten Wirtschaftsidentifikationsnummer gibt es erneut eine Änderung. Die Grunderwerbsteuerpflicht nach einer mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestands wird wieder abhängig von der Gesellschaftsform ermittelt. Auch im Bewertungsrecht gibt es einige Änderungen.

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Modernisierung des Besteuerungsverfahrens

Nach 18 Monaten Vorbereitung und Absprache mit den Ländern hat das Bundesfinanzministerium jetzt den ersten Entwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens veröffentlicht. Da an dem Gesetzentwurf auch die Länder mitgewirkt haben, kann das Gesetz voraussichtlich noch in diesem Jahr verabschiedet werden, da im Bundesrat nicht mit grundsätzlichem Widerstand der Bundesländer zu rechnen ist.

Mit dem Gesetz soll in erster Linie mehr Automatisierung in die Finanzämter Einzug halten. Das Mehr an Technik soll durch ein Weniger an Papier begleitet werden, was wiederum die Steuerzahler in manchen Punkten ebenfalls entlastet. Wegen der vielen Detailänderungen ist der Gesetzentwurf fast 140 Seiten stark. Unter den zahlreichen Änderungen sind sechs Punkte hervorzuheben:

  • Automatisierte Veranlagung: Künftig sollen mehr dafür geeignete Steuererklärungen für eine vollautomatische Steuerveranlagung per Computer ausgewählt werden. Risikomanagementsysteme sollen dann den Finanzbeamten nur noch die wirklich prüfungsbedürftigen Fälle für eine manuelle Veranlagung zuweisen. Bei der automatisierten Veranlagung soll die Steuererklärung dabei genauso intensiv wie bisher geprüft werden, nur eben durch Software und nicht mehr durch einen Finanzbeamten.

  • Rechen- und Schreibfehler: Wenn beim Ausfüllen der Steuererklärung Rechen- oder Schreibfehler passiert sind, war bisher nur im Ausnahmefall eine spätere Korrektur eines bestandskräftigen Steuerbescheids möglich. Künftig wird die Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden vorgeschrieben, falls dem Steuerzahler bei der Erstellung seiner Steuererklärung Schreib- oder Rechenfehler unterlaufen sind und er deshalb dem Finanzamt rechtserhebliche Tatsachen nicht mitgeteilt hat.

  • Steuererklärungsfristen: Wer keinen Steuerberater hat, muss seine Steuererklärung innerhalb der ersten fünf Monate des Folgejahres abgeben. An dieser Frist ändert sich nichts. Die bisher jeweils mit einem Erlass geregelte automatische Fristverlängerung auf den 31. Dezember des Folgejahres für Steuerzahler mit Steuerberater wird jetzt aber im Gesetz verankert und dabei gleich um zwei Monate auf den 28. Februar des Zweitfolgejahres verlängert.

  • Verspätungszuschlag: Parallel zur Änderung bei den Steuererklärungsfristen werden die Regelungen zum Verspätungszuschlag neu gefasst. War die Festsetzung bisher immer ins Ermessen des Finanzamts gestellt, muss das Finanzamt künftig zwingend einen Verspätungszuschlag festsetzen, wenn keine Fristverlängerung beantragt wurde und die Steuererklärung nicht 14 Monate nach Ablauf des Veranlagungszeitraums oder Besteuerungszeitpunkts beim Finanzamt eingegangen ist. Auch die Höhe des Verspätungszuschlags wird verbindlich geregelt. Für jeden angefangenen Monat der Verspätung sind 0,25 % der festgesetzten Steuer, mindestens aber 50 Euro fällig.

  • Belegvorlage: Belegvorlagepflichten sollen weitestgehend in Belegvorhaltepflichten mit risikoorientierter Anforderung durch die Finanzverwaltung umgewandelt werden. Mit der Steuererklärung müssen also künftig deutlich weniger Belege ans Finanzamt eingereicht werden. Beispielsweise müssen Spendenbescheinigungen nur noch auf Anforderung dem Finanzamt vorgelegt werden. Im Fall von Spendenbescheinigungen kann die begünstigte Organisation mit Zustimmung des Steuerzahlers die Spende auch direkt elektronisch an die Finanzverwaltung melden, womit dann auch die Belegvorhaltepflicht wegfällt.

  • Elektronische Bescheide: Mit Einverständnis des Steuerzahlers soll der Schriftverkehr zunehmend auf elektronische Kommunikation umgestellt werden. Das betrifft beispielsweise Bescheide, Einspruchsentscheidungen und Außenprüfungsanordnungen, die zum Abruf bereitgestellt und auf diese Weise bekanntgegeben werden können. Umgekehrt sollen die Steuerzahler künftig nicht nur die Steuererklärung selbst, sondern auch Belege und Erläuterungen elektronisch übermitteln können.

  • Datenübermittlung: Der rechtliche Rahmen für die elektronischen Datenübermittlungspflichten von Unternehmen und Organisationen wird vereinheitlicht. Nur noch verfahrensspezifische Sonderregeln für einzelne Datenübermittlungspflichten von Arbeitgebern, Sozialversicherungsträgern, Versicherungen und Banken werden in den jeweiligen Spezialgesetzen geregelt.

  • Amtsermittlungsgrundsatz: Für den Amtsermittlungsgrundsatz galten bisher die Prinzipien der Verhältnismäßigkeit, Gleichmäßigkeit und Rechtmäßigkeit. Zusätzlich werden nun auch die Komponenten der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit explizit im Amtsermittlungsgrundsatz verankert, an dem sich das Finanzamt bei seinen Maßnahmen orientieren muss.

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Urteilsvorschau für das laufende Jahr

Mitunter kann es Jahre dauern, bis in einem Rechtsstreit ein Ergebnis feststeht, erst recht, wenn die höchsten Gerichte in der Sache entscheiden müssen. Weil viele Verfahren nicht nur für die Beteiligten von Bedeutung sind, veröffentlichen die Bundesgerichte immer wieder eine Liste der Verfahren, zu denen sie in den nächsten Monaten eine Entscheidung fällen wollen.

Das hilft den Steuerzahlern vor allem bei der Entscheidung, ob es sich lohnen kann, den Steuerbescheid in einem vergleichbaren Fall durch einen Einspruch offen zu halten. Für Unternehmer und andere Steuerzahler sind vor allem folgende Verfahren interessant, die der Bundesfinanzhof und das Bundesverfassungsgericht in ihrer Entscheidungsvorschau genannt haben:

  • Gewerbesteuerliche Hinzurechnung: Die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen, Mieten und Pachten hält das Finanzgericht Hamburg für verfassungswidrig und hat daher das Bundesverfassungsgericht angerufen.

  • Verlustabzugsbeschränkung: Ebenfalls vom Finanzgericht Hamburg kommt die Frage, ob es verfassungsgemäß ist, dass bei der Übertragung von mehr als 25 % des Kapitals an einer Körperschaft innerhalb von fünf Jahren an einen Erwerber insoweit die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen Verluste nicht mehr abziehbar sind.

  • Betreuungsgeld: Nicht das Finanzgericht, sondern die Regierung von Hamburg hat sich an das Bundesverfassungsgericht gewandt, weil sie das Betreuungsgeld für verfassungswidrig hält.

  • Stückzinsansprüche: Das Bundesverfassungsgericht muss entscheiden, ob es zulässig ist, dass auf bei der Vererbung noch nicht fällige Stückzinsansprüche sowohl Erbschaftsteuer als auch Einkommensteuer erhoben wird.

  • Bewirtungskosten: Das Finanzgericht Baden-Württemberg will vom Bundesverfassungsgericht wissen, ob das Haushaltsbegleitgesetz 2004 verfassungsgemäß zustande gekommen ist. Es geht dabei um die Kürzung des Bewirtungskostenabzugs, die mit dem Gesetz von 20 % auf 30 % erhöht worden ist.

  • IHK-Mitgliedschaft: Außerdem muss das Bundesverfassungsgericht entscheiden, inwieweit die Zwangsmitgliedschaft für Unternehmen bei den IHKs verfassungsgemäß ist.

  • Gewerbesteuerabzug: Der Bundesfinanzhof muss in einem Revisionsverfahren prüfen, ob er das seit 2008 geltende Betriebsausgabenabzugsverbot für verfassungsgemäß erachtet.

  • Zinsschranke: Erneut muss sich der Bundesfinanzhof mit der möglichen Verfassungswidrigkeit der Zinsschranke befassen. Schon in einem früheren Verfahren haben die Richter erhebliche Zweifel an der Zinsschranke geäußert, was die Finanzverwaltung aber vorerst nicht akzeptiert hat.

  • Investitionsabzugsbetrag: In zwei Verfahren befasst sich der Bundesfinanzhof mit dem für einen Investitionsabzugsbetrag notwendigen Nachweis der Investitionsabsicht bei Betrieben im Gründungsstadium. Es geht darum, ob Planungsleistungen als Nachweis bereits ausreichen, und ob mangelnde finanzielle Mittel ein Indiz für das Fehlen der Investitionsabsicht sind.

  • Teilwertabschreibung: Bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist eigentlich keine Teilwertabschreibung möglich. Zwei Revisionsverfahren geben dem Bundesfinanzhof nun die Gelegenheit, diese Vorgabe zu überdenken.

  • Zeitreihenvergleich: Beim Zeitreihenvergleich wird in der Regel wöchentlich ein bereinigter Wareneinkauf ermittelt, diesem der erzielte Erlös gegenübergestellt und so für jede Woche ein Rohgewinnaufschlagsatz ermittelt. Der Durchschnitt aus der Zehnwochenperiode mit dem höchsten durchschnittlichen Rohgewinnaufschlag wird dann auf das gesamte Jahr angewandt. Ob das eine geeignete Methode für die Gewinnschätzung eines Restaurants ist, prüft der Bundesfinanzhof in zwei Verfahren.

  • Körperschaftsteueranrechnung: Die Frage, unter welchen Voraussetzungen Steuerzahler bei Gewinnausschüttungen von im Ausland ansässigen Kapitalgesellschaften die ausländische Körperschaftsteuer auf ihre deutsche Einkommensteuer anrechnen können, ist Gegenstand zweier Verfahren beim Bundesfinanzhof.

  • Abgeltungsteuer: Zur Abgeltungsteuer stehen mehrere Entscheidungen an. So muss der Bundesfinanzhof prüfen, ob der gesetzliche Ausschluss des Werbungskostenabzugs bei den Einkünften aus Kapitalvermögen jedenfalls dann verfassungswidrig ist, wenn der individuelle Steuersatz unter 25 % liegt. Weiterhin müssen die Richter entscheiden, ob der Antrag auf die tarifliche Besteuerung der Kapitaleinkünfte auch noch nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides gestellt werden kann. Schließlich geht es um die Frage, ob die gesetzlich vorgesehene Verrechnung von Verlusten aus Wertpapierveräußerungsgeschäften, die nach dem Halbeinkünfteverfahren ermittelt wurden, mit Gewinnen, die unter die Abgeltungsteuer fallen und damit in voller Höhe entstanden sind, verfassungswidrig ist.

  • Kaufpreisaufteilung: Ein Verfahren geht um die Frage, inwieweit eine im Kaufvertrag für eine Immobilie festgeschriebene Kaufpreisaufteilung steuerlich anzuerkennen ist, wenn der bei der Aufteilung auf den Grund und Boden entfallende Wertanteil geringer als der amtliche Bodenrichtwert ist.

  • Anschaffungsnahe Herstellungskosten: Welche Aufwendungen bei der Prüfung auf anschaffungsnahe Herstellungskosten genau zu berücksichtigen sind, muss der Bundesfinanzhof in einem Verfahren konkretisieren.

  • Arbeitszimmer: Der Große Senat des Bundesfinanzhofs muss sich mit der Behandlung von Kosten für einen nur teilweise als Arbeitszimmer genutzten Raum auseinandersetzen. Ob und in welcher Höhe ein anteiliger Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug der Ausgaben möglich ist, soll der Senat prüfen.

  • Dienstwagen-Zuzahlung: In einem Verfahren streitet der Arbeitnehmer mit dem Finanzamt um die Frage, ob monatliche Zuzahlungen für die Nutzung eines Firmenwagens als Werbungskosten abzugsfähig sind, wenn die Zuzahlungen über dem nach der Fahrtenbuchmethode ermittelten Nutzungswert liegen.

  • Burn-Out: Für die Behandlung von Berufskrankheiten kann ein Werbungskostenabzug geltend gemacht werden. Der Bundesfinanzhof muss entscheiden, ob auch ein Burn-Out eine typische Berufskrankheit ist, die den Werbungskostenabzug ermöglicht.

  • Zumutbare Belastung: Der Abzug von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung ist nur möglich, soweit sie die zumutbare Eigenbelastung übersteigen. Ob das verfassungsgemäß ist, muss der Bundesfinanzhof in zwei Verfahren entscheiden.

  • Diätverpflegung: Normalerweise sind Ausgaben für Diätverpflegung nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Wie es sich aber verhält, wenn der Arzt Vitamine und andere Mikronährstoffe zur Behandlung einer chronischen Stoffwechselstörung verordnet, ist noch nicht entschieden.

  • eBay-Verkäufe: Unternehmer müssen möglicherweise auch für private eBay-Verkäufe Umsatzsteuer abführen - jedenfalls wenn es nach dem Finanzamt geht. Der Bundesfinanzhof muss entscheiden, ob der private Verkauf von rund 100 Pelzmänteln, die der Kläger von seiner Mutter geerbt hatte, einer bereits bestehenden unternehmerischen Tätigkeit zugeordnet werden kann und damit umsatzsteuerpflichtig wäre.

  • Vorsteuerabzug aus Gutschriften: Hat der Leistungsempfänger auch dann einen Anspruch auf Vorsteuerabzug, wenn die von ihm erteilten Gutschriften nicht den richtigen Leistenden ausweisen, er aber darauf vertraute, dass die Lieferungen durch die in der Gutschrift ausgewiesene Person erbracht wurden? Die Antwort auf diese Frage muss der Bundesfinanzhof finden.

  • Reihengeschäfte: Gleich drei Verfahren beim Bundesfinanzhof drehen sich um die Frage, welcher Lieferung die Warenbewegung bei einem Reihengeschäft zuzuordnen ist. Dabei muss er auch klären, ob es relevant ist, dass der Ersterwerber dem Erstlieferer mitteilt, dass ein Weiterverkauf erfolgt.

  • Erbschaftsteuerbefreiung für Familienheim: Ein selbst genutztes Familienheim ist bei der Erbschaftsteuer steuerfrei, wenn es von den Erben unverzüglich selbst genutzt wird. Was genau unter "unverzüglich" zu verstehen ist, beispielsweise bei einer längeren Erbauseinandersetzung, muss der Bundesfinanzhof in zwei Verfahren klären.

  • Auslandsspenden: Auch Spenden ins Ausland sind mittlerweile in bestimmten Fällen als Sonderausgaben abziehbar. Über die genauen Anforderungen an den Nachweis muss der Bundesfinanzhof allerdings noch entscheiden.

  • Luftverkehrsteuer: Zwei Verfahren beim Bundesfinanzhof betreffen die Frage, ob das Luftverkehrsteuergesetz verfassungsgemäß und unionsrechtskonform ist.

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Nächstes Steueränderungsgesetz ist in Arbeit

Zum Jahreswechsel ist das Zollkodexanpassungsgesetz in Kraft getreten. Lange hatte es aber so ausgesehen, als ob dieses Gesetzesvorhaben nicht mehr rechtzeitig vor dem Jahresende abgeschlossen werden könnte, denn der Bundesrat hatte zu dem Gesetz eine lange Liste mit Änderungswünschen vorgelegt und wollte zu deren Durchsetzung das Gesetz eigentlich in den Vermittlungsausschuss schicken. Dass es kurz vor Weihnachten doch noch zu einer Zustimmung des Bundesrats kam, liegt daran, dass die Bundesregierung erklärt hat, die Wünsche des Bundesrats in einem separaten Änderungsgesetz kurz nach dem Jahreswechsel umzusetzen.

Jetzt ist es soweit, dass dieses Versprechen eingelöst werden soll. Das Bundesfinanzministerium hat nämlich im Februar den Referentenentwurf für ein "Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" vorgelegt. Der Inhalt des Gesetzes ist ähnlich sperrig wie sein Name und greift noch nicht einmal alle Wünsche des Bundesrats auf.

Ob sich für das jetzt vorgelegte Gesetz in der Praxis noch ein griffigerer Name findet, muss sich zeigen. Unter den Vorschlägen finden sich unter anderem "Jahressteuergesetz 2016" (was angesichts weiterer zu erwartender Steueränderungsgesetze in diesem Jahr wenig passend ist) und "Zollkodexanpassungsgesetz 2.0". Wie auch immer das Gesetz genannt wird, es soll jedenfalls schon bald zusammen mit anderen Steueränderungsgesetzen vom Kabinett verabschiedet werden. Der Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ist allerdings erst für den Herbst geplant. Momentan sieht das Gesetz folgende wesentlichen Änderungen im Steuerrecht vor, die größtenteils ab 2016 gelten sollen:

  • Investitionsabzugsbetrag: Mit dem Investitionsabzugsbetrag können kleinere Unternehmen das Abschreibungsvolumen für eine geplante Investition vorziehen. Bisher war dafür aber bei der Beantragung unter anderem die Angabe der Funktion des Wirtschaftsguts notwendig, das angeschafft oder hergestellt werden sollte. In der Praxis hat das regelmäßig zu Problemen geführt, wenn dem Finanzamt die Angabe zu ungenau war oder das später angeschaffte Wirtschaftsgut nach Ansicht des Finanzamts nicht zu der Funktionsangabe passte. Daher wird diese Vorgabe ersatzlos gestrichen. Künftig können Abzugsbeträge bis zu einem Höchstbetrag von 200.000 Euro ohne weitere Angaben in Anspruch genommen werden. Im Gegenzug müssen der Abzugsbetrag sowie die sonstigen Meldungen nach einem standardisierten Verfahren elektronisch übermittelt werden.

  • Konzernklausel: Die Übertragung von Gesellschaftsanteilen führt normalerweise ab einem bestimmten Umfang zum Untergang des verbleibenden Verlustvortrags. Damit Umstrukturierungen innerhalb eines Konzerns nicht unnötig erschwert werden, gibt es von dieser Verlustabzugsbeschränkung aber eine Ausnahme, wenn die Übertragung vollständig innerhalb des Konzerns stattfindet. Diese Konzernklausel wird nun rückwirkend zum 1. Januar 2010 erweitert auf Konstellationen, die von der bisherigen Formulierung noch nicht abgedeckt waren. Unter anderem werden nun Personenhandelsgesellschaften als Konzernträger zugelassen.

  • Einbringungstatbestände: Rückwirkend zum 1. Januar 2015 werden verschiedene Steuergestaltungen im Zusammenhang mit Einbringungen ausgehebelt. Eine steuerneutrale Umstrukturierung ohne Aufdeckung von stillen Reserven ist dann nur noch möglich, wenn die neben neuen Gesellschaftsanteilen gewährten sonstigen Gegenleistungen nicht mehr als 25 % des Buchwerts der eingebrachten Wirtschaftsgüter oder nicht mehr als 300.000 Euro ausmachen. Werden diese Grenzen überschritten, kommt es zu einer anteiligen Aufdeckung der stillen Reserven.

  • Elektrofahrzeuge: Zur Privatnutzung von betrieblichen Elektro-oder Hybridfahrzeugen gibt es eine Klarstellung, die einer nicht gewollten Auslegung der Vorschrift vorbeugen soll. Bei Anwendung der Fahrtenbuchmethode ist zur Ermittlung des Entnahmewerts für die Privatnutzung die anteilige AfA um die pauschale Minderung für das Batteriesystem zu reduzieren, sofern das Batteriesystem nicht gemietet wurde.

  • Kapitalerträge: Banken werden nun gesetzlich dazu verpflichtet, die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung bei der Abgeltungsteuer anzuwenden. Damit wird einem Urteil des Bundesfinanzhofs entgegengewirkt, das zu einer uneinheitlichen Anwendung der Steuererhebung führen könnte. Hat ein Anleger eine andere Rechtsauffassung, muss er dies also künftig immer mit dem Finanzamt ausfechten. Außerdem können künftig nur noch unbeschränkt steuerpflichtige Anleger einen Freistellungsauftrag stellen. Eine frühere Änderung hatte hier zu einer nicht gewollten Ausweitung auf beschränkt Steuerpflichtige geführt.

  • Inlandsbegriff: Der ertragsteuerliche Inlandsbegriff wird ausgeweitet auf sämtliche aus dem UN-Seerechtsübereinkommen ableitbare Besteuerungsrechte. Damit werden neben der Off-Shore-Energieerzeugung nun auch die gewerbliche Fischzucht, die Ausbeutung von Bodenschätzen und andere gewerbliche Aktivitäten im Deutschland zustehenden Bereich der Hochsee von der unbeschränkten Steuerpflicht erfasst.

  • Erbschaftsteuer: Der Erbe oder Beschenkte muss künftig bei der Meldung auch die Steueridentifikationsnummern der am Erwerb beteiligten Personen angeben. Für Vermögensverwahrer und -verwalter, Versicherungen sowie Gerichte, Behörden und Notare erfolgt eine entsprechende Anpassung. Außerdem werden bei einer Schenkung unter Lebenden künftig sowohl Schenker als auch Beschenkter durchgehend Verfahrensbeteiligte im Feststellungsverfahren sein, und zwar auch dann, wenn der Schenker die Schenkungsteuer übernimmt.

  • Sonstige Änderungen: Das Gesetz enthält noch eine ganze Reihe weiterer Änderungen, die von redaktionellen Anpassungen bis zu umfassenden Änderungen für spezielle Konstellationen reichen. So wird - verbunden mit weiteren Änderungen für Unterstützungskassen - das Teileinkünfteverfahren für Gewinnanteile aus Unterstützungskassen ausgeschlossen. Bei der immer noch nicht eingeführten Wirtschaftsidentifikationsnummer gibt es erneut eine Änderung. Die Grunderwerbsteuerpflicht nach einer mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestands wird wieder abhängig von der Gesellschaftsform ermittelt. Auch im Bewertungsrecht gibt es einige Änderungen.

Der Gesetzentwurf gibt auch gleich einen Ausblick auf weitere Änderungen im Steuerrecht, die für dieses Jahr geplant sind oder sich noch in der Prüfung befinden. Damit soll weiteren Wünschen der Bundesländer entsprochen werden, die mit dem aktuellen Gesetz noch nicht abgearbeitet wurden. Drei weitere Änderungspakete sind demnach bereits in Vorbereitung:

  • Investmentbesteuerung: Im Sommer will das Ministerium den Entwurf für ein Gesetz zur Reform der Investmentbesteuerung vorlegen. Darin soll auch die steuerliche Behandlung von Veräußerungsgewinnen aus Streubesitzanteilen neu geregelt werden.

  • Hybride Gestaltungen: Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe befasst sich seit Januar mit Maßnahmen zur Neutralisierung der Effekte hybrider Steuergestaltungen. Ein Zeitplan für ein Gesetzgebungsverfahren gibt es hier aber noch nicht.

  • Modernisierung: Im Rahmen von Überlegungen zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens sollen verschiedene Vorschläge des Bundesrats umgesetzt oder zumindest geprüft werden. Dazu gehört ein Prüfrecht der Kommunen bei der Gewerbesteuer, ein größerer Einfluss der Länder auf den Erhebungssektor sowie eine Selbstveranlagung bei der Steuerfestsetzung. Auch zu diesem Paket gibt es noch keinen Zeitplan.

Nicht alle Wünsche des Bundesrats hat das Bundesfinanzministerium aber akzeptiert. Insbesondere die gewünschte Änderung bei der Bewertung von Sachbezügen sieht die Regierung kritisch. Damit gilt die Freigrenze von 44 Euro für Sachbezüge auch weiterhin bei der Gewährung von Gutscheinen.

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