Steuerverwaltung und Steuerprüfungen

Steuervereinfachungsgesetz 2011 verabschiedet

In der letzten Sitzung vor der parlamentarischen Sommerpause am 8. Juli 2011 hat der Bundesrat ganz überraschend sowohl dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 als auch dem Gesetz zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden die Zustimmung verweigert. Zumindest für das Steuervereinfachungsgesetz 2011 hat die Bundesregierung daher den Vermittlungsausschuss angerufen, der aus dem Gesetz die Möglichkeit zur Abgabe einer Steuererklärung für jeweils zwei Jahre gestrichen hat, an der sich die Länder besonders gestört hatten.

Die Länder wollten außerdem die Einführung einer Bagatellgrenze bei der verbindlichen Auskunft verhindern und eine Anhebung des Behinderten-Pauschbetrags durchsetzen. Diese beiden Kritikpunkte der Bundesländer wurden vom Vermittlungsausschuss jedoch nicht aufgegriffen. Dieses Vermittlungsergebnis haben Bundestag und Bundesrat nun am 23. September verabschiedet, sodass das Steuervereinfachungsgesetz 2011 in der veränderten Form in Kraft treten kann. Hier ist ein Überblick über alle wesentlichen Änderungen durch das Steuervereinfachungsgesetz:

  • Elektronische Rechnungen: Eine Änderung der EU-Direktive zur Mehrwertsteuer verlangt von den Mitgliedsstaaten die vollständige Gleichstellung von Papier- und elektronischen Rechnungen. Das müssen die EU-Staaten spätestens bis 2013 umgesetzt haben. Das Steuervereinfachungsgesetz streicht die Signaturpflicht bei elektronischen Rechnungen nun wie vorgesehen bereits rückwirkend zum 1. Juli 2011. Rechnungsaussteller und -empfänger müssen weiterhin innerhalb der Aufbewahrungsfristen die Echtheit, Unversehrtheit und Lesbarkeit der Rechnung sicherstellen, es bleibt ihnen dann aber selbst überlassen, auf welchem Wege sie das tun. Bei einer Umsatzsteuer-Nachschau darf das Finanzamt dafür nun aber auch elektronisch gespeicherte Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere, andere Urkunden und elektronische Rechnungen einsehen.

  • Arbeitnehmer-Pauschbetrag: Vor sieben Jahren wurde der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.044 Euro auf 920 Euro reduziert, jetzt wird er wieder auf 1.000 Euro steigen, und zwar rückwirkend noch für 2011. Das soll den Einzelnachweis von Ausgaben für 550.000 Arbeitnehmer überflüssig machen. Um eine Änderung des Lohnsteuerabzugs für die bisherigen Monate in 2011 zu vermeiden, sieht das Gesetz vor, dass der gesamte Erhöhungsbetrag von 80 Euro in der Lohnabrechnung vom Dezember 2011 zu berücksichtigen ist.

  • Entfernungspauschale: Nutzt der Steuerzahler für den Arbeitsweg abwechselnd öffentliche Verkehrsmittel und den eigenen Pkw, werden ab 2012 durch die Umstellung von einer tagweisen auf eine jährliche Vergleichsrechnung die derzeit noch notwendigen Aufzeichnungen und Berechnungen überflüssig. In einigen Fällen bedeutet dies jedoch eine Verschlechterung, weil Berufstätige, die nur zeitweise öffentliche Verkehrsmittel nutzen, nicht mehr den höheren Fahrkartenpreis geltend machen können. Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel können nämlich nur noch dann mit dem tatsächlichen Preis angesetzt werden, wenn sie allein den Jahreshöchstbetrag für die Entfernungspauschale von 4.500 Euro übersteigen.

  • Kinderbetreuungskosten: Kosten für die Kinderbetreuung werden ab 2012 generell als Sonderausgaben berücksichtigt. Außerdem werden die Anspruchsvoraussetzungen bei den Eltern gestrichen, sodass der Abzug nun unabhängig von einer Erwerbstätigkeit, Krankheit oder Behinderung für alle Kinder unter 14 Jahren möglich ist. Eine umfangreiche Prüfung, ob es sich um Werbungskosten oder Sonderausgaben handelt, entfällt dadurch. Dass sich der fehlende Werbungskostenabzug negativ im außersteuerlichen Bereich auswirkt, beispielsweise beim Wohngeld oder einkommensabhängigen Beiträgen für den Kindergarten, wird durch eine Zusatzvorschrift verhindert. An der Höhe der abziehbaren Betreuungskosten - zwei Drittel der Ausgaben, höchstens aber 4.000 Euro je Kind - ändert sich nichts.

  • Kindergeld: Zahllose Streitereien mit der Familienkasse und Verfahren vor den Finanzgerichten werden ab 2012 überflüssig, denn bei der Gewährung von Kindergeld und -freibeträgen für volljährige Kinder wird dann auf die Einkommensüberprüfung der Kinder verzichtet. Eine Erwerbstätigkeit des Kindes bleibt dann generell bis zum Abschluss der ersten Berufsausbildung oder des Erststudiums unberücksichtigt, es sei denn, das Kind befindet sich in einer Übergangszeit oder kann die Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatz nicht beginnen. Nach der Ausbildung oder dem Studium gilt die widerlegbare Vermutung, dass das Kind in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten. Der Verzicht auf die Einkommensprüfung gilt ebenso beim Unterhaltshöchstbetrag und Ausbildungsfreibetrag.

  • Kinderfreibetrag: Die Vorschriften zur Übertragung der steuerlichen Freibeträge für Kinder von geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Eltern werden ab 2012 vereinfacht.

  • Verbilligte Vermietung: Statt zweier Grenzen bei der verbilligten Vermietung einer Wohnung (56 % der ortsüblichen Miete als Untergrenze für den vollen Werbungskostenabzug, 75 % für den Verzicht auf eine Überschussprognose) soll es nur noch einen Prozentsatz geben. Wird mehr als 66 % der ortsüblichen Miete gezahlt, gilt die Vermietung als vollentgeltlich und ermöglicht den vollen Werbungskostenabzug, ohne dass eine Überschussprognose notwendig wird. Diese Änderung gilt ab dem 1. Januar 2012. Bis dahin bleibt also noch Zeit, Mietverträge anzupassen, um einen teilweisen Ausschluss der Werbungskosten wegen einer zu niedrigen Miete ab 2012 zu vermeiden.

  • Krankheitskosten: Die bisherigen Vorgaben für den Nachweis von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung werden jetzt gesetzlich festgeschrieben. Das ist eine Reaktion auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs, nach der ein amtsärztliches Attest vor Beginn der Behandlung nicht mehr zwingend notwendig war. Mit der Gesetzesänderung bleibt diese Anforderung jedoch weiterhin bestehen, da die Änderung in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen gilt.

  • Betriebsfortführungsfiktion: Für die Fälle einer Betriebsverpachtung im Ganzen oder einer Betriebsunterbrechung wird eine Betriebsfortführungsfiktion eingeführt. Das bedeutet, dass der Betrieb so lange als fortgeführt gilt, bis entweder der Inhaber gegenüber dem Finanzamt ausdrücklich die Betriebsaufgabe erklärt, oder dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Betriebsaufgabe erfüllt sind. Damit wird einerseits Rechtssicherheit für die Betroffenen hergestellt, und andererseits stellt der Staat die Besteuerung von stillen Reserven bei einer schleichenden Betriebsaufgabe sicher, weil keine Festsetzungsverjährung mehr eintreten kann. Den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe kann der Inhaber damit mehr oder weniger frei wählen, muss dies aber innerhalb von drei Monaten gegenüber dem Finanzamt erklären. Diese Änderung gilt für eine Betriebsaufgabe nach dem Tag der Gesetzesverkündung, auf den Termin der Aufgabeerklärung kommt es nicht an.

  • Ehegattenveranlagung: Statt der geplanten Tarifminderungsregelung wird ein Wahlrecht zwischen Einzel- und Zusammenveranlagung eingeführt. Wichtig ist vor allem, dass die Getrenntveranlagung durch eine Einzelveranlagung ersetzt wird. Die steuerlich berücksichtigungsfähigen Privatausgaben (Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, Handwerkerleistungen und haushaltsnahe Dienstleistungen) werden dabei dem Ehegatten zugeordnet, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat. Auf gemeinsamen Antrag ist aber auch eine hälftige Aufteilung der Aufwendungen auf beide Ehegatten möglich. All diese Änderungen bei der Ehegattenveranlagung sollen erst ab 2013 gelten.

  • Krankenversicherungsbeiträge: Die Beitragserstattungen aus einer Basiskrankenversicherung oder Pflegeversicherung sowie steuerfreie Zuschüsse zu solchen Versicherungen werden mit den gezahlten Beiträgen verrechnet. Fallen die Erstattungen oder Zuschüsse höher aus als die Beiträge, wird der Überhang dem Einkommen zugeschlagen. Bei Erstattung anderer als Sonderausgaben geltend gemachter Aufwendungen gilt das gleiche.

  • Kapitalerträge: Kapitalerträge, die der Abgeltungsteuer unterliegen, werden ab 2012 bei der Ermittlung des Spendenabzugsvolumens, der zumutbaren Eigenbelastung bei außergewöhnlichen Belastungen oder dem Abzug von Unterhaltsleistungen nicht mehr berücksichtigt.

  • Genossenschaftsausschüttungen: Genossenschaften sollen künftig bei Gewinnausschüttungen prüfen, ob eine Befreiung vom Kapitalertragsteuerabzug gegeben ist, beispielsweise ein Freistellungsauftrag, der einer Genossenschaftsbank vorliegt.

  • Pflichtveranlagungen: Arbeitnehmer mit geringem Einkommen, die eine hohe Mindestvorsorgepauschale für die Kranken- und Pflegeversicherung aufweisen, müssen keine Steuererklärung mehr abgeben, wenn ihr Einkommen die diversen gesetzlichen Freibeträge ohnehin nicht überschreitet. Das ist der Fall bei einem Einkommen von bis zu 10.200 Euro bei Singles und 19.400 Euro bei Ehegatten. Diese Änderung gilt rückwirkend ab 2010.

  • Abgabefristen: Für Land- und Forstwirte mit abweichendem Wirtschaftsjahr gilt nun ebenfalls die Regelabgabefrist von 5 Monaten statt wie bisher nur 3 Monate, und zwar bereits rückwirkend für den Veranlagungszeitraum 2010.

  • Holznutzungen: Das Verfahren zur Ermittlung der zu begünstigenden Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen wird ab 2012 wesentlich vereinfacht. Außerdem werden die Vorgaben und Pauschsätze für die pauschalierte Ermittlung der Gewinne aus Holznutzungen geändert.

  • Erbschaftsteuer: Beim Verschonungsabschlag für Betriebsvermögen wird ein neues Feststellungsverfahren für die Ausgangslohnsumme und die Anzahl der Beschäftigten eingeführt, um spätere Rechtsunsicherheiten zu vermeiden. Auch für das Verwaltungsvermögen und das junge Verwaltungsvermögen wird ein Feststellungsverfahren eingeführt. Dies gilt für Erbschaften oder Schenkungen seit dem 1. Juli 2011.

  • Stiftungen: Rechtlich unselbstständige Stiftungen werden beim Kapitalertragsteuerabzug mit rechtlich selbstständigen Stiftungen gleichgestellt.

  • Spendennachweis: Die bisher immer nur im Einzelfall geregelten Erleichterungen für den Nachweis von Spenden in Katastrophenfällen werden ab 2011 gesetzlich festgeschrieben.

  • Datenübermittlung: Bei der vollelektronischen Übermittlung von Steuerdaten wird ab 2013 eine obligatorische Authentifizierung des Datenübermittlers vorgeschrieben.

  • Verbindliche Auskunft: Verbindliche Auskünfte des Finanzamts sind künftig nur noch bei einem Gegenstandswert von mehr als 10.000 Euro gebührenpflichtig. Diese Bagatellgrenze gilt dann, wenn der Antrag nach der Gesetzesverkündung beim Finanzamt eingeht.

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Steuerabkommen mit der Schweiz abgeschlossen

Am 10. August 2011 hat eine schwere Geburt ihr vorläufiges Ende gefunden, denn an diesem Tag haben die Unterhändler der Schweiz und Deutschlands die Verhandlungen über offene Steuerfragen abgeschlossen und ein Steuerabkommen paraphiert. Das Abkommen soll in den nächsten Wochen durch die beiden Regierungen unterzeichnet werden und könnte Anfang 2013 in Kraft treten.

Es sieht vor, dass Personen mit Wohnsitz in Deutschland ihre bestehenden Bankbeziehungen in der Schweiz nachbesteuern können, indem sie entweder eine einmalige Steuerzahlung leisten oder ihre Konten offenlegen. Künftige Kapitalerträge deutscher Anleger in der Schweiz unterliegen einer Abgeltungsteuer, deren Erlös die Schweiz an die deutschen Behörden überweist. Insbesondere enthält das Abkommen folgende Punkte:

  • Abgeltungsteuer für die Zukunft: Künftige Kapitalerträge sollen unmittelbar über eine Abgeltungsteuer erfasst werden. Der einheitliche Steuersatz wurde auf 26,375 % festgelegt. Dies entspricht dem in Deutschland geltenden Steuersatz für die Abgeltungsteuer. Die Abgeltungsteuer ist eine Quellensteuer, nach deren Bezahlung grundsätzlich die Steuerpflicht gegenüber dem Wohnsitzstaat erfüllt ist.

  • Vergangenheitsbesteuerung: Zur Nachbesteuerung bestehender Geldanlagen in der Schweiz haben deutsche Anleger einmalig die Möglichkeit, eine pauschale Steuer zu entrichten. Die Höhe dieser Steuer liegt zwischen 19 und 34 % des Vermögensbestandes und richtet sich nach der Dauer der Kundenbeziehung sowie des Anfangs- und Endbetrages des Kapitalbestandes. Alternativ können die Anleger ihre Bankbeziehung in der Schweiz gegenüber den deutschen Behörden offenlegen.

  • Auskunftsgesuche: Um zu verhindern, dass neues unversteuertes Geld in der Schweiz angelegt wird, wurde vereinbart, dass die deutschen Behörden Auskunftsgesuche stellen können, die den Namen des Kunden, jedoch nicht zwingend den Namen der Bank enthalten müssen. Die Gesuche sind zahlenmäßig beschränkt und bedürfen eines plausiblen Anlasses. Die Anzahl wird für die ersten beiden Jahre bei 750 bis 999 Gesuchen liegen, danach findet eine Anpassung statt. Sogenannte "Fishing Expeditions" sind dadurch ausgeschlossen.

  • Weitere Elemente: Die Schweiz und Deutschland haben beschlossen, den gegenseitigen Marktzutritt für Finanzinstitute zu erleichtern. Insbesondere wird die Durchführung des Freistellungsverfahrens für schweizerische Banken in Deutschland vereinfacht und die Pflicht zur Anbahnung von Kundenbeziehungen über ein Institut vor Ort aufgehoben. Ebenfalls wurde die Problematik des Kaufs steuererheblicher Daten gelöst. Zum Paket gehört auch die Lösung der Problematik möglicher Strafverfolgung von Bankmitarbeitern.

Das Abkommen erfüllt die Voraussetzung eines guten Kompromisses - keine Seite kann damit wirklich zufrieden sein. Während sich Deutschland mehr Zugriff auf die Schweizer Bankdaten gewünscht hätte, sind der Schweiz schon die jetzt gemachten Zugeständnisse unliebsam. Unterdessen kamen in den letzten Wochen Gerüchte auf, Deutschland hätte wieder eine CD mit Schweizer Steuerdaten angekauft.

Das haben die Finanzverwaltungen von Bund und Länder dementiert. Im vergangenen Jahr wäre dieses Dementi sicher glaubwürdig gewesen, denn der Fiskus war daran interessiert, solche Ankäufe publik zu machen, um Steuersünder zu einer Selbstanzeige zu motivieren. Jetzt aber besteht auch die Möglichkeit, dass das Dementi falsch ist und lediglich dem Zweck diente, die jetzt getroffene Vereinbarung mit der Schweiz nicht durch einen neuen Datenkauf zu sabotieren.

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Antragsveranlagung hat keine Anlaufhemmung

Das Steuerrecht unterscheidet bei der Einkommensteuerveranlagung zwischen Pflicht- und Antragsveranlagung. Grundsätzlich müssen zwar alle Steuerzahler eine Steuererklärung abgeben. Bei Arbeitnehmern, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, wird aber eine Veranlagung in der Regel nur auf deren Antrag hin durchgeführt. Bisher war unklar, innerhalb welcher Frist Arbeitnehmer eine Steuererklärung abgeben und damit eine Antragsveranlagung durchführen lassen können, wenn sie sich eine Steuererstattung versprechen.

Im vergangenen Jahr hatte das Finanzgericht Baden-Württemberg entschieden, dass in diesem Fall nur die Festsetzungsfrist von vier Jahren greift, innerhalb der die Steuererklärung beim Finanzamt eingehen muss. Vor wenigen Monaten dann hat dasselbe Finanzgericht ein gegenteiliges Urteil gefällt und in einem anderen Fall festgelegt, dass auch bei einer Antragsveranlagung die Anlaufhemmung von drei Jahren gilt, sodass die Frist letztlich sieben Jahre beträgt. Andernfalls läge eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor zwischen Steuerpflichtigen, die verpflichtet sind, eine Steuererklärung abzugeben, und solchen, die nur auf ihren Antrag hin veranlagt werden, meinte das Gericht.

Jetzt hat der Bundesfinanzhof im Revisionsverfahren gegen das erste der beiden Urteile entschieden und sich dabei der damaligen Ansicht des Finanzgerichts angeschlossen. Es gibt also nach diesem Urteil keine Anlaufhemmung bei der Antragsveranlagung. Die verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlung erstreckt sich nach Ansicht der Richter nur auf gleichartige Sachverhalte, und die lägen bei der Antrags- im Gegensatz zur Pflichtveranlagung nicht vor.

Auch gegen das zweite Urteil des Finanzgerichts ist die Revision beim Bundesfinanzhof anhängig, allerdings wird das Urteil hier wohl kaum anders ausfallen. Sollte nicht einer der Betroffenen noch vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, werden die Finanzämter also zukünftig mit Recht Steuererklärungen von Arbeitnehmern zurückweisen, die später als vier Jahre nach Ablauf des jeweiligen Veranlagungszeitraums eingehen.

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Bundesrat blockiert Steuererleichterungen

In der letzten Sitzung vor der parlamentarischen Sommerpause am 8. Juli 2011 hat der Bundesrat ganz überraschend sowohl dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 als auch dem Gesetz zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden die Zustimmung verweigert. Im Fall des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 kam der Widerstand der Länder zwar nicht ohne Vorwarnung, allerdings waren alle Beteiligten davon ausgegangen, dass der Bundesrat den Vermittlungsausschuss anrufen würde. Vorerst stecken nun beide Gesetze in einer Sackgasse.

Ärgerlich ist diese unerwartete Wendung vor allem für Unternehmer, denn mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 sollte ab dem 1. Juli 2011 die Signaturpflicht für elektronische Rechnungen gestrichen werden. Das Bundesfinanzministerium hat zwar angedeutet, dass die rückwirkende Änderung in jedem Fall umgesetzt werden soll, doch nun kann es noch Monate dauern, bis eine solide gesetzliche Grundlage dafür existiert. Angesichts der enormen finanziellen Risiken bei einer möglichen Versagung des Vorsteuerabzugs sollten Sie daher noch keinen Gebrauch von der Erleichterung machen, solange nicht sicher ist, dass sie in dieser Form auch Geltung haben wird.

Andere rückwirkende Änderungen im Gesetz betreffen die Einkommensteuer. Hier bleibt allerdings noch etwas Zeit, denn diese Änderungen würden größtenteils erst nächstes Jahr eine Rolle spielen, weil erst dann die Steuerveranlagung für 2011 erfolgt. Lediglich die Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags von 920 Euro auf 1.000 Euro sollte nach dem Gesetz bereits in diesem Jahr beim Lohnsteuerabzug für den Dezember berücksichtigt werden. Soll es dabei bleiben, muss sich der Gesetzgeber also beeilen, damit eine rechtzeitige technische Umsetzung noch möglich ist.

Auch bei der steuerlichen Förderung für eine energetische Wohngebäudesanierung herrscht nun wieder Unsicherheit: Ursprünglich sollte die Förderung erst am 1. Januar 2012 in Kraft treten, doch der Bundestag hatte den Termin vorgezogen. Damit wären dann auch bereits begonnene Sanierungsmaßnahmen gefördert worden, sofern der Beginn der Maßnahme nicht vor dem 6. Juni 2011 (Tag des Kabinettsbeschlusses) liegt. Immobilienbesitzer, die noch nicht mit Sanierungsmaßnahmen begonnen haben und trotzdem die Förderung nutzen wollen, sollten also sicherheitshalber mit dem Bauantrag oder der Einreichung der Bauunterlagen noch etwas warten, bis auch hier die weitere Entwicklung des Vorhabens absehbar ist.

Im Wesentlichen geht es den Bundesländern, die gegen die Gesetze gestimmt haben, ums Geld, aber auch andere Argumente spielen eine Rolle. Die Kritikpunkte der Opposition im Bundesrat haben wir hier für Sie zusammengestellt, denn daraus lässt sich ablesen, wo am ehesten Änderungen vorgenommen werden, um den Gesetzesvorhaben doch noch zum Erfolg zu verhelfen:

  • Die Mehrheit der Bundesländer ist gegen die Einführung der Möglichkeit, die Steuererklärungen jeweils für zwei Jahre gemeinsam abzugeben. Allerdings ist die Begründung der Länder für ihre ablehnende Haltung etwas widersprüchlich: Einerseits fürchten sie dadurch höhere Bürokratiekosten in der von den Ländern getragenen Finanzverwaltung, andererseits argumentieren sie, diese Möglichkeit würde ohnehin nur von wenigen Steuerzahlern genutzt, weil der Großteil der Berechtigten eine Erstattung erwartet und daher auch weiterhin die Steuererklärung jährlich abgeben würde.

  • Ebenfalls schon länger bekannt ist die Ablehnung der Länder gegen die Einführung einer Bagatellgrenze bei der verbindlichen Auskunft. Die Länder wollen hier nicht auf die Gebühreneinnahmen von bis zu 191 Euro pro Fall verzichten.

  • Schließlich wollten die Bundesländer im Steuervereinfachungsgesetz auch eine Anhebung des Behinderten-Pauschbetrags durchsetzen, der seit 1975 unverändert ist. Gleichzeitig sollte dessen Abgeltungswirkung auf alle krankheits-, pflege- und behindertenbedingten Kosten ausgeweitet werden, wobei der Nachweis der tatsächlichen Kosten weiterhin möglich bleibt.

  • An der steuerlichen Förderung der Wohngebäudesanierung stört die Länder der zu erwartende Einnahmeausfall durch die höheren Abschreibungen und Sonderausgaben, der pro Jahr mehr als 1,5 Mrd. Euro ausmacht, wovon die Länder 57,5 % zu schultern haben. Außerdem kritisieren die ablehnenden Länder, dass durch die Förderung über den Steuerabzug Spitzenverdiener mit hohem Steuersatz stärker gefördert werden als Immobilienbesitzer mit durchschnittlichem Einkommen.

Wie es nun mit den Gesetzen weitergeht, ist noch völlig offen. Der Bundestag und die Bundesregierung haben nun die Möglichkeit, ihrerseits den Vermittlungsausschuss anzurufen, wenn sie die Gesetzesvorhaben nicht beerdigen wollen. Dies ist die wahrscheinlichste Lösung.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, die unstrittigen Änderungen stattdessen in das nächste Steueränderungsgesetz aufzunehmen. So oder so werden aber bis zur Verkündung eines fertigen Gesetzes noch mehrere Monate ins Land gehen, weil Bundestag und Bundesrat erst einmal bis Mitte September Sommerpause haben.

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