Einkommensteuer - Arbeitnehmer

Finanzverwaltung verhindert Rechtsschutzdurch Vorläufigkeitsvermerk

Nachdem das Haushaltsbegleitgesetz 2004 verabschiedet worden war, kamen schnell Zweifel an dessen Verfassungsmäßigkeit auf. Denn ein wesentlicher Teil des Gesetzes, die pauschale Kürzung steuerlicher Freibeträge um 12 % (Koch-Steinbrück-Liste), wurde erst im Vermittlungsausschuss in das Gesetz aufgenommen. Weil der Vermittlungsausschuss aber nur über im Gesetzgebungsverfahren bereits diskutierte Alternativen entscheiden darf, gehen viele Experten davon aus, dass der Ausschuss hier seine Kompetenzen überschritten hat.

Entsprechend dauerte es nicht lange, bis beim Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerden zu diesem Gesetz eingingen. Die Finanzverwaltung, die bis dahin kategorisch alle Einsprüche und Aussetzungsanträge zurückgewiesen hatte, lies daraufhin einen Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 in die Steuerbescheide aufnehmen. Inzwischen hat das Bundesverfassungsgericht die beiden Verfassungsbeschwerden zwar abgewiesen, aber nicht aus inhaltlichen Gründen, sondern weil die Verfassungsbeschwerden formale Anforderungen (Einhaltung des Rechtswegs und unmittelbare Betroffenheit des Klägers) nicht erfüllt haben.

Ob das Haushaltsbegleitgesetz 2004 nun verfassungsgemäß zustande gekommen ist oder nicht, ist also vom Verfassungsgericht immer noch nicht entschieden und jedenfalls weiterhin zweifelhaft. Trotzdem hat das Bundesfinanzministerium die Abweisung der Verfassungsbeschwerden als Sieg interpretiert und umgehend die Vorläufigkeitsvermerke aufgehoben. Dieses Vorgehen ist gerade deswegen so erstaunlich, weil das Bundesverfassungsgericht erst im Januar in einem ähnlichen Fall zu einem älteren Gesetz noch einmal deutlich die Grenzen der Kompetenz des Vermittlungsausschusses aufgezeigt hat.

Doch weil der Vorläufigkeitsvermerk jetzt aufgehoben wurde, wurden auch die betroffenen Steuerzahler um den ihnen zustehenden Rechtsschutz gebracht. Denn der Bundesfinanzhof hat mehrfach entschieden, dass das Rechtsschutzbedürfnis eines Steuerzahlers zu einer bestimmten Frage durch einen Vorläufigkeitsvermerk bereits abgedeckt ist. Das bedeutet, der Steuerzahler darf zu dieser Frage keinen eigenen Einspruch mehr einlegen und der Steuerbescheid wird nach einem Monat bestandskräftig, ist also nicht mehr rechtlich anfechtbar, auch wenn er zunächst nur vorläufig ergangen ist.

Für die Betroffenen stellt sich nun ein unlösbares Dilemma: Zu der Zeit, als sie fristbedingt noch Einspruch einlegen konnten, war ihnen das dem Grunde nach verwehrt. Nun gäbe es zwar einen Grund, Einspruch einzulegen - die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 ist schließlich immer noch nicht geklärt und es gibt auch keinen Vorläufigkeitsvermerk dazu -, doch es ist fristbedingt nicht mehr möglich.

Zumindest teilweise Glück haben insoweit nur diejenigen, die bereits vor Erlass des Vorläufigkeitsvermerks Einspruch eingelegt haben, und deren Verfahren bis jetzt ruhte. Das Finanzamt wird das Verfahren jetzt zwar nicht mehr ruhen lassen und den Einspruch abweisen. Doch dann besteht immerhin noch die Möglichkeit einer Klage beim Finanzgericht.

Allen anderen, die an ihren Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit festhalten wollen, bleibt allenfalls die Möglichkeit, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen - eben unter Hinweis auf die falsche Aufklärung durch das Finanzamt, dass ein Einspruch wegen des Vorläufigkeitsvermerks nicht notwendig sei. Doch solche Wiedereinsetzungsanträge sind auch an Frist- und Formerfordernisse gebunden. Gerne beraten wir Sie über mögliche Vorgehensweisen.

mehr lesen

Abzug von privaten Steuerberatungskosten

Zu den ersten Amtshandlungen der Großen Koalition gehörte die Streichung des Sonderausgabenabzugs für private Steuerberatungskosten. Dagegen sind mittlerweile mehrere Klagen anhängig. Das erste Urteil ist allerdings nicht im Sinne der Steuerzahler ausgefallen: Zwar bestehe aufgrund der Komplexität des Steuerrechts für Steuerpflichtige ein wirtschaftlicher Druck, Steuerberatungsdienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Trotzdem rechtfertige dies nicht deren Einordnung als unvermeidbare Privatausgaben. Jetzt wird der Bundesfinanzhof entscheiden müssen.

Unterdessen hat das Bundesfinanzministerium nach zwei Jahren endlich erklärt, wie es sich die Aufteilung zwischen abzugsfähigen und nicht mehr abzugsfähigen Steuerberatungskosten vorstellt. Da früher wenigstens die gesamten Steuerberatungskosten abzugsfähig waren, machte es in der Regel auch keinen großen Unterschied, wenn ein Betrag einmal den Sonderausgaben statt den Werbungskosten oder Betriebsausgaben zugeordnet wurde oder umgekehrt. Heute ist aber eine genaue Abgrenzung notwendig. Wenn man bedenkt, dass die Streichung des Sonderausgabenabzugs seinerzeit unter anderem mit einer Rechtsvereinfachung begründet wurde, dann handelt es sich bei dem neuen Erlass um eine Vereinfachungsregelung zur Vereinfachung der Rechtsvereinfachung.

Für teils beruflich und teils privat veranlasste Steuerberatungskosten beispielsweise werden mehrere Aufteilungsverfahren vorgegeben. In jedem Fall ist eine sachgerechte Schätzung möglich, wobei das Schreiben keine Anhaltspunkte enthält, wie diese vorzunehmen ist. Soweit es sich nicht um ein Pauschalhonorar handelt, ist eine Aufteilung von 50 % zulässig. In jedem Fall können von den gemischt veranlassten Kosten bis zu 100 Euro pro Jahr auch ohne Schätzung oder sonstige Grundlage den abzugsfähigen Kosten zugeordnet werden. Gerne besprechen wir mit Ihnen die optimale Berücksichtigung der neuen Vorgaben im Einzelfall.

Soweit noch 2005 Vorschüsse für spätere Beratungsleistungen gezahlt wurden, sind diese zwar in voller Höhe steuerlich abzugsfähig. Bei einer späteren Rückzahlung soll allerdings auch ein schon bestandskräftiger Bescheid noch rückwirkend geändert werden. Ärgerlich ist außerdem, dass sich das Schreiben nicht an Zusagen hält, die anlässlich der Gesetzesänderung von den Koalitionsspitzen gegeben wurden. So sollten eigentlich Steuerberatungskosten, die auf die Geltendmachung von Kinderbetreuungskosten entfallen, auch abzugsfähig sein, da sie ohnehin meist erwerbsbedingt entstehen. Nun werden diese Kosten aber dem nicht abziehbaren Privatbereich zugeordnet.

Auch eine Reihe anderer Fragen bleiben noch unbeantwortet. Da aber jetzt die Klage gegen die Streichung des Sonderausgabenabzugs beim Bundesfinanzhof anhängig ist, besteht ein Anspruch auf Ruhen des Verfahrens, bis eine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt. Erst wenn diese zum Nachteil der Steuerzahler ausfallen sollte, werden die Finanzgerichte weitere Abgrenzungsprobleme lösen müssen, sofern sich die Verwaltung nicht dazu äußert.

Vermutlich wird am Ende wohl wieder einmal das Bundesverfassungsgericht das letzte Wort haben und die Frage beantworten müssen, ob Steuerberatungskosten unvermeidbar sind. Die Verfassungsrichter werden dann nicht nur berücksichtigen müssen, dass Deutschland wohl das komplizierteste Steuerrecht der Welt besitzt. Sie werden auch mit dem Umstand konfrontiert sein, dass Deutschland ganz sicher das einzige Land ist, in dem selbst eine Rechtsvereinfachung das Steuerrecht komplizierter machen kann.

mehr lesen

Vereinfachung des Reisekostenrechts

Das steuerliche Reisekostenrecht erfährt durch die Lohnsteuerrichtlinien 2008 eine grundlegende Neufassung und eine deutliche Vereinfachung. Erwartungsgemäß sind nicht alle Änderungen im Sinne der Steuerzahler ausgefallen, doch die bessere Rechtssicherheit stellt in vielen Fällen einen angemessenen Ausgleich dar. Im Einzelnen sehen die Änderungen wie folgt aus:

  • Der Bundesfinanzhof hat in den letzten Jahren deutlich signalisiert, dass er die Differenzierung zwischen verschiedenen Formen der Auswärtstätigkeit nicht mehr für zeitgemäß hält. Entsprechend wurde die Unterscheidung zwischen Dienstreise, Fahrtätigkeit und Einsatzwechseltätigkeit aufgegeben. Zukünftig gibt es nur noch die beruflich bedingte Auswärtstätigkeit. Die liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer vorübergehend außerhalb seiner Wohnung und nicht an einer seiner regelmäßigen Arbeitsstätten tätig wird. Dazu zählen übrigens auch Vorstellungsgespräche bei möglichen neuen Arbeitgebern. Eine Auswärtstätigkeit liegt außerdem dann vor, wenn der Arbeitnehmer typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug tätig wird.

  • Die 30 km-Grenze bei Einsatzwechseltätigkeit und die Dreimonatsfrist für den Abzug der Fahrtkosten als Reisekosten entfallen. Fahrten zu einer auswärtigen Tätigkeitsstätte behandeln Sie dann zeitlich unbegrenzt als Reisekosten und nicht mehr ab dem vierten Monat als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte oder als Familienheimfahrten. Ob aus einer vorübergehenden auswärtigen Tätigkeitsstätte doch eine weitere regelmäßige Arbeitsstätte wird, entscheiden zukünftig die Umstände des Einzelfalls.

  • Der Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte wird erweitert: Als regelmäßige Arbeitsstätte wird der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers definiert - unabhängig davon, ob es sich um eine Einrichtung des Arbeitgebers handelt. Nicht mehr relevant sind Art, zeitlicher Umfang und Inhalt der Tätigkeit. Die betriebliche Einrichtung gilt als regelmäßige Arbeitsstätte, wenn sie der Arbeitnehmer durchschnittlich an mindestens einem Arbeitstag je Arbeitswoche aufsucht (entspricht 46 Tagen im Kalenderjahr).

  • Ab 2008 sind die Grundsätze für Auswärtstätigkeiten auch dann anzuwenden, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen seines Ausbildungsdienstverhältnisses oder als Teil seines Dienstverhältnisses vorübergehend eine Ausbildungs- oder Fortbildungsstätte außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitsstätte im Betrieb des Arbeitgebers aufsucht. Diese Änderung war unter anderem notwendig, damit die Arbeitgeber ihren Auszubildenden auch weiterhin die Fahrtkosten zur Berufsschule als Reisekosten steuerfrei ersetzen können. Andernfalls wäre zum Beispiel die Berufsschule unter den erweiterten Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte gefallen und es wären die Regelungen zur Entfernungspauschale zur Anwendung gekommen.

  • Aus der neuen Definition der regelmäßigen Arbeitsstätte folgt auch, dass für die Fahrten von der Wohnung zu einem gleich bleibenden Treffpunkt außerhalb einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung, von dem der Arbeitnehmer dann zur jeweiligen auswärtigen Tätigkeitsstätte weiterbefördert wird, der steuerfreie Ersatz oder der Werbungskostenabzug möglich ist.

  • Anders als bei den Fahrtkosten gilt für den steuerfreien Arbeitgeberersatz oder Werbungskostenabzug der Verpflegungsmehraufwendungen weiterhin die Dreimonatsfrist: Bei derselben Auswärtstätigkeit ist der Ansatz der Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen nur für die ersten drei Monate zulässig.

  • Die Übernachtungspauschale für Inlands- und die Übernachtungsgelder für Auslandsübernachtungen sollten ursprünglich komplett entfallen. Auf den breiten Protest ist das Finanzministerium zumindest teilweise eingegangen: Der steuerfreie Arbeitgeberersatz ist weiter auch nach Pauschbeträgen möglich (20 Euro pro Inlandsübernachtung, landesabhängige Pauschalen für Auslandsübernachtungen). Nur für den Werbungskostenabzug müssen Übernachtungskosten zukünftig grundsätzlich nachgewiesen werden und können nicht mehr pauschal angesetzt werden.

  • Liegt ein Beleg vor, dem nur ein Gesamtpreis für Unterkunft und Verpflegung entnommen werden kann, ist der Gesamtpreis zur Ermittlung der reinen Übernachtungskosten für Frühstück um 20 % (im Inland also 4,80 Euro pro Frühstück), für Mittag- und Abendessen um jeweils 40 % des für den Unterkunftsort maßgebenden vollen Verpflegungspauschbetrags zu kürzen. Zukünftig gilt damit für In- und Auslandsübernachtungen dasselbe Verfahren. Da bei Auslandsübernachtungen oft kein Frühstück enthalten ist, kann der Arbeitnehmer dies handschriftlich auf der Rechnung vermerken und damit die Kürzung vermeiden. Dies gilt jedoch nur für Auslandsübernachtungen.

mehr lesen

Voraussetzungen und Grenzen der doppelten Haushaltsführung

Im Sommer fällte der Bundesfinanzhof eine ganze Reihe von Urteilen, die sich mit der doppelten Haushaltsführung befassten, insbesondere der doppelten Haushaltsführung von Alleinstehenden. So spricht es nicht von vornherein gegen eine doppelte Haushaltsführung, dass ein Arbeitnehmer seinen Hausstand im Haus seiner Eltern hat. Es kommt vielmehr darauf an, dass der Arbeitnehmer im Rahmen einer Gesamtwürdigung einen eigenen Hausstand nachweisen kann, der auch seinen Lebensmittelpunkt darstellt. Nicht ausreichend ist, dass die Wohnung zwar über einen eigenen Eingang zu erreichen ist, ansonsten aber eine ganz überwiegende Anteilnahme am Haushalt der Eltern stattfindet, sodass der Alleinstehende als Teil des elterlichen Haushalts anzusehen ist.

Bei Alleinstehenden spricht allerdings einiges dafür, dass sich der Lebensmittelpunkt am Beschäftigungsort befindet, je länger die Beschäftigung dauert, und die weitere zur Verfügung stehende Wohnung lediglich für Besuchs- bzw. Ferienzwecke vorgehalten wird. In diesen Fällen muss das Finanzamt daher zuerst prüfen, ob sich der Lebensmittelpunkt weiter am Heimatwohnsitz befindet. Es ist auch von Bedeutung, ob eine entgeltliche oder unentgeltliche Nutzungsüberlassung der Wohnung im Haus der Eltern erfolgt, wobei die kostenlose Überlassung nicht zwingend gegen eine doppelte Haushaltsführung spricht. Trägt der Arbeitnehmer die sonstigen Kosten, kann trotzdem ein eigener Hausstand vorliegen.

Generell der Höhe nach begrenzt ist der Werbungskostenabzug nach einem weiteren Urteil auf die Kosten für eine 60-m²-Wohnung zum örtlichen Durchschnittsmietsatz. Dabei ist nach der Urteilsbegründung außer Betracht zu lassen, ob der berufliche Status oder gesellschaftliche Verpflichtungen eine größere Wohnung rechtfertigen. Allerdings können gegebenenfalls die Kosten für ein steuerlich anzuerkennendes Arbeitszimmer in der Zweitwohnung zusätzlich geltend gemacht werden. Umgekehrt können im Rahmen der doppelten Haushaltsführung nur die Kosten geltend gemacht werden, die nicht auf das Arbeitszimmer entfallen.

mehr lesen

Jetzt Rückruf anfordern

Sie haben Fragen? Wir freuen uns auf Ihren Anruf oder Ihre Mail.

Ich stimme zu, dass meine Angaben aus dem Kontaktformular zur Beantwortung meiner Anfrage erhoben und verarbeitet werden. Die Daten werden nach abgeschlossener Bearbeitung Ihrer Anfrage gelöscht. Detaillierte Informationen zum Umgang mit Nutzerdaten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.