Kontenabrufverfahren startet als Provisorium
Mit dem "Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit" hat sich der Bundesfinanzminister für seine Finanzbeamten den gläsernen Steuerbürger geschaffen. Denn seit dem 1. April 2005 können die Finanzämter auf die rund 500 Millionen Konten- und Depotstammdaten zugreifen, die die deutschen Banken und Sparkassen verwalten. Für besonderen Unmut bei sorgt die Tatsache, dass betroffene Bürger weder vorher noch im Anschluss zwingend über eine Anfrage informiert werden müssen.
Inzwischen hat das Bundesfinanzministerium mit einer Verwaltungsanweisung noch etwas nachgebessert, indem es die Gründe für eine mögliche Anfrage präzisiert und klarere Regeln über die Information der Betroffenen festgeschrieben hat. Dem Deutschen Steuerberaterverband genügt das noch nicht. Nach seiner Meinung müssen solche Prinzipien im Gesetz festgeschrieben werden. Außerdem verlangt der Verband die vorherige Information der betroffenen Steuerzahler, damit diese Rechtsschutz suchen können.

Das Bundesverfassungsgericht hat unterdessen den Eilantrag einer Volksbank und mehrerer Bürger abgewiesen, die erreichen wollten, dass das Gesetz bis zu einer endgültigen Entscheidung ausgesetzt wird. Der Grund für die Ablehnung liegt unter anderem in dem Anwendungserlass, der die Abfrage der Daten deutlich einschränkt. Eine endgültige Entscheidung ist damit zwar noch nicht gefallen - die wird wohl noch bis 2006 auf sich warten lassen. Trotzdem kann das Verfahren erst einmal wie geplant starten.
Allerdings gestaltet sich der Start noch recht holperig. Der Grund: Zwar verfügen die Banken über die notwendigen technischen Einrichtungen, denn sie müssen schon seit November 2003 die Kontendaten täglich an die sogenannten Kontenevidenzzentralen übermitteln. Von dort kann dann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Daten abrufen und an die anfragenden Behörden weiterleiten. Bisher durften aber nur Polizeifahnder von dieser Möglichkeit gebrauch machen, insbesondere zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung. Mit deren rund 2.000 Abfragen pro Tag kam das System auch ganz gut zurecht. Durch die Anfragen von Finanzämtern und anderen Behörden wird die Zahl jedoch auf 50.000 Abfragen pro Tag wachsen, womit die Software derzeit heillos überfordert ist.
Bis auf Weiteres stellen die Finanzbeamten daher ihre Anfragen schriftlich. Die Anfrage muss dann der Vorgesetzte abzeichnen, bevor sie ans BaFin gefaxt wird. Mit einer automatischen, softwarebasierten Lösung rechnen BaFin und Bundesfinanzministerium erst ab 2006. So lange wird es beim manuellen Abfrageverfahren bleiben, und schon dessen Umständlichkeit dürfte dafür sorgen, dass die Finanzbeamten zunächst nur in begründeten Ausnahmefällen von dieser Möglichkeit gebrauch machen.
Unterstützung für Opfer der Flutkatastrophe
Das Bundesfinanzministerium hat mit einem Spendenerlass auf die überwältigende Spendenbereitschaft zur Linderung der Not in den Flutopfergebieten in Südostasien und Ostafrika reagiert. Danach können Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen als Sponsoring-Maßnahmen behandelt werden. Eine Erhöhung des unternehmerischen Ansehens reicht zur Begründung einer Betriebsausgabe aus. Hierzu können Zeitungsberichte vorgelegt werden.
Verzichten Mitarbeiter zugunsten der Flutopfer auf Lohn (Arbeitslohnspende), so gehören diese Lohnteile nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Der Arbeitgeber muss die Verwendung der Arbeitslohnspende dokumentieren. Es ist zweckmäßig, dass die Arbeitnehmer den Lohnverzicht schriftlich erklären. Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist nicht in der Lohnsteuerbescheinigung anzugeben. Die steuerfrei belassenen Lohnteile dürfen bei der Einkommensteuerveranlagung nicht als Spende angegeben werden.
Für Spenden an die amtlich anerkannten Wohlfahrtsverbände ist der Zuwendungsnachweis erleichtert. Auch bei Spenden über 100 Euro reicht ein Bareinzahlungsbeleg, die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts oder der Ausdruck beim Online-Banking aus.
Wurde eine Spende auf ein Konto eines nicht steuerbegünstigten Spendensammlers überwiesen, so ist auch hier ein vereinfachter Zuwendungsnachweis möglich. Die gesammelten Spenden müssen auf ein Sonderkonto einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder eines amtlich anerkannten Verbandes der freien Wohlfahrtspflege überwiesen werden. Die Spender müssen eine Kopie des Kontoauszugs von der Bank und eine Liste über alle beteiligten Spender einschließlich der geleisteten Beträge erhalten. Anstelle der Liste kann auch eine Einzelbescheinigung für jeden Spender erstellt werden.
Das Bundesfinanzministerium weist ausdrücklich daraufhin, dass Erleichterungen bei der Umsatzsteuer nicht möglich sind. Dagegen sprechen die umfassenden europaweiten Regelungen im Umsatzsteuerrecht, die für solche Fälle keine Ausnahme vorsehen oder zulassen.
Verfassungsmäßigkeit der Steueränderungen?
Schon kurz nach der Verabschiedung des großen Steuerpakets Ende des letzten Jahres kamen Zweifel auf, ob das Haushaltsbegleitgesetz 2004 (HBeglG 2004) verfassungsgemäß zustande gekommen ist. Da im Gesetz nicht nur reduzierte Steuersätze festgeschrieben wurden, sondern auch zahlreiche Änderungen zulasten der Steuerpflichtigen enthalten sind, ist diese Frage von erheblicher praktischer Bedeutung.
Der Angriffspunkt der Zweifler sind die erheblichen Änderungen, die das Gesetz im Vermittlungsausschuss erfahren hat, denn nach dem Grundgesetz werden Bundesgesetze vom Bundestag beschlossen. Dieser Verfassungsgrundsatz wird durchbrochen, wenn im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat Gesetzesänderungen beschlossen werden, die nie Gegenstand einer Gesetzesvorlage an den Bundestag waren.
So ist dies unter anderem mit dem so genannten Koch-Steinbrück-Papier geschehen. Der Bundesrat hatte bei der Anrufung des Vermittlungsausschusses verlangt, "die Vorschläge der Ministerpräsidenten Roland Koch und Peer Steinbrück zum Abbau von Steuervergünstigungen und Finanzhilfen einzubeziehen". Bei einer Reihe von Vorschriften sind im Vermittlungsverfahren Beträge um 12 % zulasten der Steuerpflichtigen geändert worden.
Es wird daher zunehmend die Auffassung vertreten, dass das Haushaltsbegleitgesetz nicht verfassungsgemäß zustande gekommen sei. Der Bundesfinanzminister hat bereits reagiert. In einem Erlass vom 12. März 2004 vertritt er die Auffassung, dass sich die im Vermittlungsverfahren zum HBeglG 2004 vorgenommenen Veränderungen im Rahmen des Anrufungsbegehrens des Bundesrats hielten. An die Finanzbehörden ist daher die Anweisung ergangen, Einsprüche zurückzuweisen und Anträge auf Aussetzung der Vollziehung abzulehnen. Es wird sich zeigen, wie lange sich diese Anweisung aufrecht erhalten lässt.
Jetzt Rückruf anfordern
Sie haben Fragen? Wir freuen uns auf Ihren Anruf oder Ihre Mail.